In der grössten Tageszeitung Österreichs erschien am 19.12.1999 ein atemberaubendes Bild: Wie eine blutrote Kugel wölbt sich die Gebärmutter einer schwangeren Frau den Händen des Arztes entgegen, alles andere bleibt abgedeckt und liegt im Dunkeln. Desto deutlicher ist die Gebärmutter zu sehen, in der Mitte geöffnet, und aus dieser Öffnung ragt bis zur Achsel ein dünner Arm. Es ist, als ob sich der kleine Mensch dahinter strecken würde, um mit seiner winzigen Hand doch noch den großen Finger des Chirurgen zu erreichen. Als ob sich das Kind jetzt in Sicherheit wüsste und den Arzt einladen wollte, seine Arbeit weiter zu verrichten, liegt die Hand ruhig auf dem Finger, wie ein Symbol des Friedens und menschlichen Urvertrauens zwischen Arzt und Kind.

Auch wenn Sie das Bild im Internet anschauen, ist es nicht das Produkt der Technik (wie die Dinosaurier in manchen Filmen), sondern Wirklichkeit, nämlich eine Momentaufnahme aus den – von der Taufe abgesehen – wichtigsten 77 Minuten im Leben des kleinen Samuel. Und das kam so: Die Mutter des Samuel war zum Ultraschall gegangen. Dabei hatten die Ärzte eine «spina bifida», einen offenen Rücken und damit eine schwere Behinderung, entdeckt – gemäß heutigen Selektions Kriterien sehr oft das Todesurteil für das betroffene Kind. Aber Julie und Alex, die Eltern, entscheiden sich für ihren Samuel, und die Ärzte schlugen ihnen einen neuen, noch nie dagewesenen Eingriff vor: Operieren vor der Geburt! Und so geschah es: Dr. Bruner vom Medizinischen Universitäts Zentrum in Vanderbild, USA, operierte das 21 Wochen alte Kind, gab es in die bergende Gebärmutter seiner Mutter zurück, und 19 Wochen später, am 2. Dezember 1999, kam seine Mutter mit ihrem Sohn Samuel auf ganz natürliche Weise nieder!

Auch wenn noch manche Therapien notwendig sein werden, die Operation dürfte gelungen sein! Die Hand des Embryos auf dem Finger des Arztes geht um die Welt und trägt eine wunderbare Botschaft mit sich: Ihr, die Ihr einer schwangeren Frau begegnet, haltet inne! Denn sie trägt unter ihrem Herzen einen neuen Menschen, der nur noch sehr klein ist, aber alles besitzt, was zu einem Menschen gehört. Er, oder sie, ist «einer von uns», er wird lachen, weinen, fragen, suchen, lieben und beten so wie wir alle, das Antlitz Gottes leuchtet schon jetzt über ihm, und sein Engel steht schon bereit ihm zu dienen. Darum denkt nicht, die Frau sei «schwanger» wie die Kuh «trächtig» ist. Nein, sie ist wirklich «guter Hoffnung» und «gesegneten Leibes», wie unsere Vorfahren zu sagen pflegten. Zu allen Zeiten begegneten die Menschen Frauen, die ein Kind erwarteten, mit besonderer Ehrfurcht, und zu Recht hat man Unrecht und Gewalt, an werdenden Müttern begangen, zu allen Zeiten mit besonderer Schärfe und Abscheu verurteilt: ein Kind ist im Kommen, und auch wenn es noch nicht seine kleine Hand herausstrecken kann wie Samuel – wir alle wissen um ihn und seine noch verborgene Würde.

Als Maria mit Jesus unter dem Herzen zu Elisabeth kam, rief diese: «Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes!» Keiner anderen Frau kann man zurufen «mehr als alle anderen», wohl aber gilt für jede in guter Hoffnung: «Gesegnet bist du und gesegnet ist die Frucht Deines Leibes und die Frucht Eurer Liebe – gesegnet das Kind in dir». 


 

 

 


 


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