Die Mutter der Abtreibung
Die dunklen Seiten der ,Ikone’ der Frauenbefreiung
Der Feminismus ist längst überholt
Alice Schwarzer schrieb ein Lesebuch
zum 100. Geburtstag vom Simone de Beauvoir.
Ein Kommentar von Gabriele Kuby.
Gedenktage zeigen etwas über die Identität einer Nation. Ein Volk gedenkt jener,
deren Wirken zu seinem Gedeihen oder Verderben in hervorragender Weise
beigetragen hat. Derzeit wird anlässlich ihres hundertsten Geburtstages an
Simone de Beauvoir gedacht, weil sie die Wertematrix der westlichen Gesellschaft
wesentlich verändert hat.
Alice Schwarzer, Beauvoirs Kampfgenossin der nächsten Generation, feiert ihre
Lehrerin mit einem Lesebuch, erschienen im Rowohlt-Verlag, der in den siebziger
Jahren Hunderttausende Exemplare von Beauvoirs Hauptwerk, Das andere Geschlecht,
an die Frau gebracht hat.
Es war eine gelehrte Aufforderungen an die Frauen, die Fesseln der patriarchalen
Unterdrückung zu zerreißen, weil „man nicht als Frau geboren, sondern zur Frau
gemacht wird“, durch Verhütung und Abtreibung „der Sklaverei der Mutterschaft zu
entfliehen“, und „die Erziehung der Kinder außerhalb des Hauses zu sichern“.
Alice Schwarzer bezeichnet Beauvoir als „einflussreichste weibliche
Intellektuelle des 20. Jahrhunderts“. Es seien „Werk und Leben“, die sie „zum
„Role-Model für mehrere Frauengenerationen gemacht haben.“ Sehen wir dieses
Lebens-Modell näher an.
Beauvoir wurde gutbürgerlich, katholisch erzogen. Mit 15 Jahren verliert sie
ihren Glauben an Gott, weil sie entdeckte, „dass Gott auf mein Verhalten
keinerlei Einfluss nahm“. „Im Grunde war ich recht froh, dass er nicht
existierte.“ Sie will „eine berühmte Schriftstellerin“ werden. Sie empört sich
über die Ansicht ihrer Freundin Zaza, dass „neun Kinder in die Welt setzen, wie
Mama es getan hat, ebenso viel wert [ist] wie Bücherschreiben“.
Die Entdeckung schockiert sie, dass Abtreibung ein Verbrechen sei. „Was sich in
meinem Körper zutrug, ging doch niemanden außer mir etwas an; kein Gegenargument
brachte mich von meinem Standpunkt ab“ – bis zum Tod. In Das andere Geschlecht,
wird sie die Schwangerschaft als „Verstümmelung“ bezeichnen und den Fötus als „Parasit“
und „nichts wie Fleisch“.
Mit zwanzig Jahren geht sie nach Paris und schreibt über ihren Einstieg in die
existentialistische Boheme: „Ich war noch immer überzeugt, dass das Laster die
für Gott vorgesehene Stelle im Menschen sei, und schwang mich mit dem gleichen
Eifer auf den Barhocker, mit dem ich als Kind vor dem Allerheiligsten in die
Knie gesunken war.“
Mit 21 Jahren lernt sie Sartre kennen. Die beiden schließen einen „Pakt“. Er
erklärte Simone, dass es sich bei ihnen um eine „notwendige Liebe“ handle, es
aber unerlässlich sei, „dass wir auch Zufallslieben kennen lernen“. Der Bund (!)
der Ehe, Kinder, ja selbst eine gemeinsame Wohnung, sind damit ausgeschlossen. „Ich
hatte nicht den Wunsch, dass Sartres Existenz sich in der eines anderen Wesens
spiegeln und fortsetzen solle: Er genügt sich, er genügte mir. Und ich genügte
mir.“
Der Pakt ist inspiriert von der Idee, „der Mensch müsse neu erschaffen werden…eines
Tage würden die Menschen ihre Sklerose abschütteln, sie würde ihr Leben frei
erfinden – genau das war unser Bestreben.“
Schon bald wird Olga die Dritte im Pakt. Simone hat Weinanfälle und
Angstzustände, „aber das hielt ich für Schwäche und bemühte mich, sie zu
unterdrücken“. Sie schreibt ihren ersten Roman über das „infernalische Trio“,
Sie kam und blieb, der damit endet, dass Françoise/Simone die Dritte umbringt.
Das Beziehungskarussell der beiden dreht sich immer wilder, kein Wunder, denn
keiner erlebt die Sexualität als erfüllend, obwohl oder besser weil sich alles
darum dreht. Schülerinnen werden mit hineingezogen und erleiden psychischen
Zusammenbruch, Simone sucht Abwechslung bei Frauen. „Ich bin schrecklich gierig“,
schreibt sie, „Ich möchte vom Leben alles….Und wenn es mir nicht gelingt, werde
ich wahnsinnig vor Zorn.“
Während sie Das andere Geschlecht schreibt, hat sie eine leidenschaftliche
Beziehung zu dem amerikanischen Schriftsteller Nelson Algren. Ihre Liebesbriefe
an „Nelson, meine einzige und wahre Liebe“ oder „Nelson, mein Gatte“
unterschreibt sie mit „Ich bin für immer deine Frau“. Er will sie heiraten, doch
da ist der Pakt mit Sartre, den sie nicht aufkündigen will, weil „Sartre mich
braucht“.
Aber es steht mehr auf dem Spiel, nämlich ihre weltweite feministische
Führungsrolle: Täte sie es, würde sie wirklich Nelsons Frau, wäre sie als Role-Model
für die Feministinnen aller Länder erledigt.
Am Ende des Lebens, als es ans Erben geht, verfällt das kinderlose Paar darauf,
jeweils ihre mehr als dreißig Jahre jüngeren weiblichen Geliebten zu adoptieren.
Für Beauvoir hat das eine unangenehme Folge: sie bekommt beim Tod Sartres von
der „Adoptivtochter“ nicht einmal mehr ein Erinnerungsstück.
Beauvoir rühmt sich zweier Abtreibungen und richtet in ihrem Pariser Salon eine
Abtreibungsstation ein. Die Kampagne, in der sich prominente Frauen der
Abtreibung bezichtigen, um das Verbot zu Fall zu bringen, importiert Alice
Schwarzer nach Deutschland und erreicht, was sie wollte: die Straffreiheit für
die Tötung des ungeborenen Kindes im Mutterleib – wodurch der Rechtsstaat im
Kern demontiert ist.
Ein erheblicher Teil der Frauen ist diesem Rollenmodell gefolgt. Es ist
salonfähig, wird medial gefeiert. Wie lange noch bleiben die Folgen ausgeblendet?
Acht Millionen Abtreibungen seit 1973; sexuelle Verwahrlosung der Gesellschaft;
Zerstörung der Familie; psychische Schäden bei einem Fünftel der jungen
Generation mit der Folge von Leistungsverweigerung, Sucht, Kriminalität; Gender-Mainstreaming
als Leitprinzip des Staates; das Elend der unaufhaltsamen demographischen
Katastrophe. Gedeih oder Verderb?
Linz (www.kath.net)