Der Papst: Garant von Einheit und Freiheit der Kirche

 „Da sitzt ein alter Mann in Rom, formuliert starre Glaubenssätze und zwingt Millionen von Menschen, sich da nach zu richten. Das Papstamt, ein Instrument der Knechtung freier Gewissen, gehört in unserer demokratischen Welt einfach abgeschafft.

Man kennt solche Reden. Was also ist der Papst? Das jedes Jahr vom Vatikan herausgegebene Päpstliche Jahrbuch listet es fein säuberlich auf. Der Papst ist: Bischof von Rom, Stellvertreter Jesu Christi, Nachfolger des Apostelfürsten, höchster Pontifex der universalen Kirche, Patriarch des Abendlandes, Primas Italiens, Erzbischof und Metropolit der römischen Provinz, Souverän des Vatikanstaats und - Diener der Diener Gottes. „Heuchelei!", zischelt es im Kirchenvolk, „Tritt ab, tritt ab!", fordert die innerkirchliche Opposition. Warum soviel Machtfülle in den Händen eines Bischofs, dessen Sonderstellung auf uralte Privilegien zurückgeht? Wäre ein Kirchenpräsident oder Vorsitzender Erzbischof von der Römischen Synode, also der Ständigen Bischofsversammlung der katholischen Kirche, für eine bestimmte Amtszeit gewählt, nicht wesentlich zeitgemäßer, um der Gemeinschaft der Katholiken vorzustehen und sie nach außen hin zu vertreten?

Den Forderungen nach der Abschaffung des „römischen Prinzips" in der katholischen Kirche fehlt es nicht an Wortgewalt, doch sind sie meist hoffnungslos romantisch. Wenn sie nicht gerade über das Antirömische hinaus auch noch antikatholisch oder gar antichristlich sind, so berufen sie sich in der Regel auf den Urzustand, auf die apostolische Zeit und das frühe Christentum, in der es noch keinen Vatikan und keine päpstliche Diplomatie gab, um von dort durch einen geschichtslosen Raum einen Bogen in unsere Zeit zu schlagen und eine zweitausendjährige Entwicklung beiseitezulassen.

Undifferenziert, emotional und auf die Suggestivkraft von Bildern hoffend, so präsentiert sich heute der Unmut über den Nachfolger Petri. Jesus ja - Kirche ein wenig noch, besser aber Gemeinde - Papst nein danke. Die Kirche nähert sich dem dritten Jahrtausend ihrer Geschichte, und viele glauben, daß die Institution des Papsttums endgültig ausgedient habe und auf dem Altar der Zeit zu opfern sei.

So waren es nicht die Bischöfe und erst recht nicht die Theologen, die in Österreich und Deutschland als Adressaten des sogenannten „KirchenVolksBegehrens" herhalten mußten. Der „Angeklagte" war der Papst. Standen die deutschen Katholiken im Kulturkampf zur Zeit Bismarcks klar auf der Seite des Vatikans, so scheint sich das :Bild in den vergangenen hundert Jahren vollkommen gewandelt zu haben: Vielen Gläubigen der katholischen Kirche - zumindest nördlich der Alpen - wurde der Papst immer fremder. Von der Innenperspektive des deutschen Katholizismus aus betrachtet ist der antirömische Affekt heute auch im Kirchenvolk verwurzelt. Doch wie sah zunächst von außen betrachtet das zwanzigste Jahrhundert aus, in dem die Päpste endgültig den Schritt in die moderne, plurale und keineswegs mehr christliche Staatenwelt hinein machen mußten?

Das Jahrhundert der selbstlosen Päpste

Der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar nannte es das Jahrhundert der „selbstlosen" 'Päpste. Selten hatte die Kirche das Glück, über einen langen Zeitraum hinweg den Bischofsstuhl von Rom in den Händen von Männern zu sehen, die sich uneingeschränkt und ohne eigene Ambitionen in den Dienst der katholischen Sache stellten. Das Jahrhundert begann mit den „Gefangenen im Vatikan". Die Piemontesen hatten den Kirchenstaat 1870 annektiert, und die Päpste sollten erst mit den Lateranverträgen im Jahr 1929 die volle Bewegungsfreiheit zurückerhalten. Leo XIII., dem Autor der ersten Sozialenzyklika Rerum novarum, der 1903 nach einem 25jährigen Pontifikat starb, folgte Pius X., ein Sohn venezianischer Kleinbauern, der sich besonders der Liturgie und der Auseinandersetzung mit dem Rationalismus in der modernen Theologie widmete. Er war eine beeindruckende Persönlichkeit und wurde im Jahr 1954 heiliggesprochen. Sein Nachfolger, Benedikt XV, wurde wurde wegen seiner Friedensinitiativen während des Ersten Weltkriegs bekannt und geachtet.

Es folgte Pius XI., der das Laienapostolat und den Aufbau eines einheimischen Klerus in den Missionsländern förderte und die Beziehungen zu vielen Staaten normalisieren konnte. In das Pontifikat Pius XII. fielen der Zweite Weltkrieg und die Verfolgungen der Kirche in den Herrschaftsgebieten des Kommunismus. Johannes XXIII. und Paul Vl. wurden die Päpste des Zweiten Vatikanischen Konzils, mit dem sich die 'Kirche bewußter der modernen Welt von heute zuwenden wollte. Es folgten Johannes Paul I., der „lächelnde Papst" für dreiunddreißig Tage, und Johannes Paul II., der - falls ihm. seine Gesundheit erhalten bleibt - die Reihe der Päpste dieses Jahrhunderts beschließen wird.

Keiner dieser Männer auf dem Stuhl Petri hatte sich in sein Amt gedrängt, keiner von ihnen machte sich zum Erfüllungsgehilfen weltlicher Mächte. Stattdessen ertrugen sie alle eine gewisse Tragik, etwa die Unfähigkeit, gegen den Wahn zweier Weltkriege anzugehen, oder die Erkenntnis, daß sich die Kluft zwischen dem Menschenbild der Kirche und dem Menschenbild der Moderne immer weiter öffnet, so daß eine neue Glaubensverkündigung, eine Re-Evangelisierung vonnöten erscheint. Als oberste. Hirten der katholischen Kirche erwarben sie aber mit ihrer Pflichterfüllung und einem hohen Ethos dem Bischofsstuhl von Rom ein Ansehen, das dieser früher selten so besessen hatte.

Ohne Anstoß zu erregen, bewegen sich die Päpste heute auf dem internationalen Parkett. Knapp zwei Jahre ist es her, daß Johannes Paul IL vor den Vereinten Nationen sprach. Es war die 68. Auslandsreise des Papstes und sein vierter Besuch in den Vereinigten Staaten. Einhellig haben die amerikanischen Medien die Rede zum fünfzigjährigen Jubiläum der Weltorganisation als ein großes Ereignis gewürdigt, als eine „Botschaft der Hoffnung" und als „Rückenstärkung" für die Vereinten Nationen, die in der vergangenen Zeit viele Rückschläge einstecken mußte. Der Papst sprach von der Kultur der Freiheit, die aber nie von der Wahrheit über die menschliche Person losgelöst werden dürfe. Sonst verkomme sie zu einer Freizügigkeit, die im politischen Leben zum Spielball der jeweils Mächtigsten werde. Johannes Paul II. fand das offene Ohr der Delegierten von fast 180 Mitgliedsstaaten und damit eine Form der Wertschätzung, die sich der Apostolische Stuhl in diesem Jahrhundert allmählich und unter Mühen errungen hat. Mit 160 Staaten der Welt unterhält der Vatikan heute diplomatische Beziehungen, und es gibt kaum einen Staatsmann, der es bei einem Italienbesuch unterläßt, auch dem Hausherrn des Vatikans seine Aufwartung zu machen.

Noch Leo XIII. mußte es im Juli 1881 erleben, daß der römische . Mob, von italienischen Nationalisten aufgewiegelt, die Leiche seines Vorgängers Pius IX in den Tiber stürzen wollte. Hundert Jahre später, im Sommer 1981, ein ganz anderes Bild: nach den schweren Verletzungen durch das Attentat genesen, kehrt der Papst unrer größter Anteilnahme der Bevölkerung und von den Segenswünschen der Regierung begleitet in den Vatikan zurück.

Wichtiger noch ist für die römische Kirchenführung das neue Verhältnis zu den Vertretern anderer christlicher Konfessionen.

Es machte sich bezahlt, daß Johannes Paul II. bei jeder Auslandsreise, bei der sich diese Möglichkeit bot, das Gespräch mit Vertretern der anderen christlichen Bekenntnisse gesucht hat. Der Besuch des in Istanbul residierenden Ökumenischen Patriarchen der Orthodoxie, Bartholomäus I., im Juni 1995 in Rom zeigte ein hohes Maß an Übereinstimmung in den wesentlichen Fragen des Glaubens und den Willen, ein brüderliches Verhältnis zu pflegen. Eingeleitet hatte dies Paul VI., der den damaligen Patriarchen Athenagoras I. 1967 in Istanbul aufsuchte und dafür sorgte, daß der große Bann, den Rom 1054 über die orthodoxe Kirche verhängt hatte, feierlich aufgehoben wurde.

Heikel war auch stets das Verhältnis Roms zum Judentum. Johannes Paul Il. war der erste Papst, der je die Synagoge in Rom aufgesucht hat. Die positive Entwicklung der Beziehung zum Judentum mündete schließlich in der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und dem Vatikan.

Nach Zeiten des Kulturkampfs, der Verfolgung und ökumenischer Verteufelungen steht der Papst in einem sachlich geführten Dialog mit der Welt. Politikern begegnet er als höchster Vertreter der größten kirchlichen Gemeinschaft auf Erden, orthodoxen Patriarchen als Bruder im Glauben, vielen Medien als weiser Mann, der für Gerechtigkeit und Frieden wirbt. Für Katholiken ist er mehr: ein Vater - „Il Papa", wie ihn die Römer nennen, ein „Heiliger Vater", so der offizielle vatikanische Sprachgebrauch, aber eben ein Vater.

Ideologie und Vaterkomplexe

Aber mit dem Vater ist das so eine Sache, verkörpert er doch auch Autorität und einen Rang, der ihn über andere erhebt. Für vaterlose Gesellschaften ist das ein Stein des Anstoßes. Und die meisten emanzipatorischen Bewegungen der Neuzeit sind Orga- nisationen von „Brüdern", von den Freimaurern bis zu den Genossen der kommunistischen und sozialistischen Bruderschaften. (Ergänzend kamen in den vergangenen Jahren die „Schwestern" hinzu, gleich welcher Couleur.) Wer alte Ordnungen zerschlagen will, muß erst den „Vater" stürzen. Ohne allzu tief in die Psyche des aufgeklärten; emanzipierten und Selbstbestimmung einfordernden Menschen vordringen zu wollen, erweist sich für ihn die Vaterfigur immer wieder als ein Problem. Und man kann sich des Gefühls nicht erwehren, daß auch „emanzipatorische" Gruppierungen in der Kirche, die über Glaube und Moral selbst bestimmen wollen, ebenfalls einen solchen „Vater-Komplex" in sich tragen. Anders lassen sich manche Haltungen und die Respektlosigkeit nicht erklären, mit denen der Papst ohne Rücksicht auf sachliche Argumente attackiert wird.

 

Dieser eher psychologische Aspekt des antirömischen Affekts entzieht sich jedoch der Überprüfbarkeit. Feststeht, daß es in der katholischen Kirche nördlich der Alpen eine Diskussion um das Amt des Papstes gibt, die romtreue Gläubige in fast merkwürdige Situationen bringt. Da kann es vorkommen, daß man vom protestantischen Nachbarn, vom Verkäufer im türkischen Pizza-Laden oder gar von der nichtgläubigen Tante anerkennende oder freundliche Worte über Johannes Paul II. hört, dann aber vorn katholischen Religionslehrer der Kinder oder von der Gemeindereferentin fast schon Gehässiges über den Papst gesagt bekommt.

Da wäre zum Beispiel die Unfehlbarkeit - Greuel und Ärgernis einem jeden, der den modernen Relativismus und Kritizismus bereits mit der Muttermilch aufgesogen hat. Das Erste Vatikanische Konzil im Jahr 1871 hat die Unfehlbarkeit des Papstes als Ausdruck der Unfehlbarkeit der Kirche dogmatisch definiert. Die Einbindung der Unfehlbarkeit des Nachfolgers Petri, wenn er ex cathedra spricht, in den oft Jahrhunderte dauernden Prozeß, in dem die Kirche die Wahrheiten des Glaubens immer präziser formuliert, ist wichtig. Ohne die Kirche ist der Papst ein Nichts - wie auch die „Basis", das „Kirchenvolk", das sich hin und wieder „von unten" meldet, nichts wäre:, wenn es nicht die Kirche gäbe. Ohne die Einheit des Papsttums nicht nur mit den Bischöfen und allen Gläubigen, sondern auch mit der offiziellen kirchlichen Tradition bis zurück zur Zeit der Apostel und Kirchenväter wäre der Papst nur ein religiöser Guru, ein christlicher zwar, aber ein Guru. Der Unsinn jeder Art von Papolatrie ist es, den Papst herauszuschneiden aus dem lebendigen Organismus, in dem er seinen Platz hat, und ihn zu verehren, ohne zu wissen, wer er eigentlich ist. Und umgekehrt ist jede Kritik, die den Papst nach soziologischen Kriterien aus der Kirche herauslöst und das Papsttum zum Gegenstand der Institutionenschelte macht, blind für die Lebensvollzüge der Kirche.

Diener, nicht Mittelpunkt der Kirche

Der Papst bezeichnet einen Ort, den Christus gewollt hat. Petrus war nicht der „Lieblingsjünger" des Herrn, diese Bezeichnung erhielt ein anderer, Johannes. Petrus war auch nicht der Mittelpunkt der Gruppe von Aposteln und Jüngern, die sich nach Kreuzigung und Auferstehung zusammenfanden (so wie auch der Papst nicht der Mittelpunkt der Kirche ist). Im Mittelpunkt stand Maria, die Mutter des Herrn, um die sich die junge jerusalemer Gerneinde versammelte. Petrus erhielt einen besonderen Dienst anvertraut, den, Fels zu sein, als letzter Hüter oder Hirte mit Letztverantwortung für die Einheit und Wahrheit im Glauben zu sorgen.

Von Anfang an haben die Nachfolger Petri im Amt des Bischofs von Rom diesen Dienst geleistet und wurden als solche von den Kirchenvätern und den anderen Gemeinden akzeptiert. Erst die großen Schismen ließen diese Einheit auseinanderbrechen, woran die Christenheit bis heute leidet. Die Geschichte des Papstums ist auf gewöhnliches Papier geschrieben - es gibt dunkle Seiten und manches schmutzige Blatt, für das die Kirche Abbitte leisten und um Vergebung bitten muß. Aber über alle Krisen hinweg - von den Abspaltungen über die politischen Abenteuer der Päpste bis zu den Zeiten verkommener Sitten am päpstlichen Hofe - fanden die Nachfolger Petri immer wieder zu ihrer Aufgabe, letzter Garant der Einheit im Glauben zu sein.

So galten die beständigen Auseinandersetzungen mit weltlichen Mächten, in denen das Papsttum auch äußerlich wuchs und Gestalt annahm, zunächst und vor allem der Freiheit der Gläubigen (wo Päpste darüber hinausgingen, stießen sie schnell auf ihre Grenzen). Der Dienst Petri ist ein Dienst an der Einheit in Freiheit, was die Aufgabe umfaßt, die Rechte der einzelnen Teilkirchen gegenüber den staatlichen Gewalten zu verteidigen und jedem Versuch entgegenzutreten, das Gottesvolk weltanschaulich oder politisch zu mißbrauchen. Wo Teilkirchen aus der Gemeinschaft mit Rom heraustraten, gerieten sie in den Bannkreis politischer Gewalt. Sie wurden zu Staatskirchen wie in England und Schweden oder gerieten in eine demütigende Abhängigkeit von Fürsten und Herrschern, wie es der orthodoxen Kirche unter byzantinischem und moskowitischem Joch geschah.

Der Glaube an Jesus Christus setzt eine freie Entscheidung, ein freies Bekenntnis voraus. Der Auftrag des Herrn an Petrus - „Stärke deine Brüder" - schließt diesen Dienst an der Freiheit mit ein. Da, wo die Kirche unter den Druck nationalistischer Ideologien gerät, wo ein materialistischer Lebensstil das Übernatürliche verdrängt oder handfester politischer Druck die Religionsfreiheit beschränkt, überall da ist der Papst auch heute ein Hüter der Freiheit der Kirche. Unter vollkommen unterschiedlichen Bedingungen erleben das Katholiken in einigen Ländern Mittel- oder Südosteuropas, in denen nach dem Fall des Kommunismus nationalistische Ideen aufblühen, oder Gläubige in Afrika, wo Stammeshaß auch das Kirchenvolk zu trennen droht, wie aber auch Katholiken in westlichen Ländern, in denen es dem Zeitgeist folgend gang und gäbe wird, Glaube und Moral nach dem eigenen Gutdünken zusammenzubasteln.

Die moralische Autorität des Nachfolgers Petri fortzunehmen, würde der katholischen Einheit einen tödlichen Schlag versetzen.

Nicht der Papst steht im Mittelpunkt der Kirche.

Aber wenn alle Stricke reißen, ist er der unentbehrliche Hüter jenes Freiraums, der den von äußerem Druck freien Vollzug des Glaubens erst möglich macht. Daß der Papst für diesen Dienst mit Vollmachten ausgestattet ist, liegt in der Natur der Sache: einen Dienst kann man nur leisten, wenn man ihn, effizient und wirksam ausüben kann. Es scheint, daß heute nicht außerhalb der Kirche, sondern in ihrem Innern ein gewisses Nachholbedürfnis besteht, diesen Dienst anzuerkennen und ihm Respekt zu zollen.

 Hintergrund

266 Päpste zählt die Kirche von Petrus bis zu Johannes Paul II. Schon früh zeichnete sich der Primat der römischen Bischöfe ab. Bereits Clemens I., der dritte Nachfolger des Petrus als Bischof von Rom, betonte in einem Schreiben an die Gemeinde von Korinth aus der Zeit um das Jahr 96 nach Christus die Sonderstellung des römischen Bischofstuhls. Die Lehrvollmacht der Nachfolger Petri bekräftigt auch Irenäus von Lyon (140-202): „Mit der römischen Kirche muß wegen ihres besonderen Vorranges jede Kirche übereinstimmen, das heißt die Gläubigen von allerwärts; denn in ihr ist immer die apostolische Tradition bewahrt worden". Die Entwicklung von der schon sehr früh anerkannten Vorrangstellung des Bischofs von Rom bis zur Anerkennung des Lehr- wie auch Jurisdiktionsprimats des Papstes (eine Entwicklung, die mit dem Pontifikat Leo des Großen von 440 bis 461 einen gewissen Abschluß fand) stellt einen komplexen Prozeß dar. Auch der Patriarch von Konstantinopel beanspruchte zeitweise eine Sonderstellung und legte sich den Titel „Ökumenischer (Allgemeiner) Patriarch" zu. Papst Gregor der Große (590-604) antwortete darauf, indem er für den Bischof von Rom die Bezeichnung „Diener der Diener Gottes" einführte. Versuche im Hochmittelalter, den Primat des Papstes auch auf die weltlichen Mächte auszudehnen, scheiterten kläglich und führten 1309 zu einem siebzigjährigen Exil der Päpste in Avignon. Es blieb beim innerkirchlichen Lehr- und Jurisdiktionsprimat des Papstes, das aus Schrift und Tradition begründet wird: aus der Verheißung Jesu Christi an Petrus, auf ihm, dem Felsen, die Kirche zu errichten (Mt 16, 18), und aus der Tatsache, daß der ausdrückliche Auftrag des Herrn an Petrus, seine Brüder zu stärken (Lk 22, 32) und das Amt des Hirten zu übernehmen (Joh, 21, 15-17) von den Anfängen des Christentums an auch den Nachfolgern Petri zuerkannt wurde.