Vernunft und Glaube 16

Die christliche Philosophie
unvereinnahmt von der Theologie

Im Lichte unserer Überlegungen wird die Beziehung, die sich zwischen Theologie und Philosophie anbahnen soll, in Form einer Kreisbewegung erfolgen. Für die Theologie wird das in der Geschichte geoffenbarte Wort Gottes stets Ausgangspunkt und Quelle sein, während das letzte Ziel nur das in der Aufeinanderfolge der Generationen nach und nach vertiefte Verständnis des Gotteswortes sein kann. Da andererseits das Wort Gottes Wahrheit ist (vgl. Joh 17, 17), muß zu seinem besseren Verständnis die menschliche Suche nach der Wahrheit, das heißt das unter Respektierung der ihm eigenen Gesetze entwickelte Philosophieren, nutzbar gemacht werden.

Dabei handelt es sich nicht einfach darum, in der theologischen Argumentation den einen oder anderen Begriff oder Bruchstücke eines philosophischen Gefüges zu verwenden; entscheidend ist, daß bei der Suche nach dem Wahren innerhalb einer Bewegung, die sich, ausgehend vom Wort Gottes, um dessen besseres Verständnis bemüht, die Vernunft des Glaubenden ihre Denkfähigkeiten einsetzt. Im übrigen ist klar, daß die Vernunft, wenn sie sich innerhalb dieser beiden Pole — Wort Gottes und sein besseres Verständnis — bewegt, gleichsam darauf hingewiesen, ja in gewisser Weise dazu angehalten wird, Wege zu meiden, die sie außerhalb der geoffenbarten Wahrheit und letzten Endes außerhalb der reinen, einfachen Wahrheit führen würden; sie wird sogar angespornt, Wege zu erforschen, von denen sie von sich aus nicht einmal vermutet hätte, sie je einschlagen zu können. Aus diesem Verhältnis zum Wort Gottes in Form der Kreisbewegung geht die Philosophie bereichert hervor, weil die Vernunft neue und unerwartete Horizonte entdeckt.

 Es gibt daher zwei Aspekte der christlichen Philosophie: einen subjektiven, der in der Läuterung der Vernunft durch den Glauben besteht. Als göttliche Tugend befreit er die Vernunft von der typischen Versuchung zur Anmaßung, der die Philosophen leicht erliegen. Schon der hl. Paulus, die Kirchenväter und Philosophen wie Pascal und Kierkegaard, die uns zeitlich näher sind, haben sie gebrandmarkt. Mit der Demut gewinnt der Philosoph auch den Mut, sich mit manchen Problemen auseinanderzusetzen, die er ohne Berücksichtigung der von der Offenbarung empfangenen Erkenntnisse kaum lösen könnte. Man denke zum Beispiel an die Probleme des Bösen und des Leides, an die Identität eines persönlichen Gottes und an die Frage nach dem Sinn des Lebens oder, direkter, an die radikale metaphysische Frage: »Warum gibt es etwas?«.

Daneben steht der objektive Aspekt, der die Inhalte betrifft: die Offenbarung legt klar und deutlich einige Wahrheiten vor, die von der Vernunft, obwohl sie ihr natürlich nicht unzugänglich sind, vielleicht niemals entdeckt worden wären, wenn sie sich selbst überlassen geblieben wäre. In diesem Blickfeld liegen Fragen wie der Begriff eines freien und schöpferischen persönlichen Gottes, der für die Entwicklung des philosophischen Denkens und insbesondere für die Philosophie des Seins so große Bedeutung gehabt hat. In diesen Bereich gehört auch die Realität der Sünde, wie sie im Lichte des Glaubens erscheint, der hilft, das Problem des Bösen in geeigneter Weise philosophisch anzugehen. Auch die Auffassung von der Person als geistiges Wesen ist eine besondere Eigenart des Glaubens: Die christliche Botschaft von der Würde, der Gleichheit und der Freiheit der Menschen hat sicher das philosophische Denken beeinflußt, das die Modernen vollzogen haben. Als Beispiel, das unserer Zeit näher ist, kann man die Entdeckung der Bedeutung des geschichtlichen Ereignisses für die Philosophie erwähnen, das die Mitte der christlichen Offenbarung bildet. Nicht zufällig ist es zur Grundlage einer Geschichtsphilosophie geworden, das sich als ein neues Kapitel der menschlichen Suche nach der Wahrheit darstellt.

Zu den objektiven Elementen der christlichen Philosophie gehört auch die Notwendigkeit, die Vernünftigkeit mancher von der Heiligen Schrift ausgesprochenen Wahrheiten zu erforschen, wie die Möglichkeit einer übernatürlichen Berufung des Menschen und eben auch die Erbsünde. Das sind Aufgaben, welche die Vernunft veranlassen anzuerkennen, daß es Wahres und Vernünftiges außerhalb der engen Grenzen gibt, in die sich einzuschließen sie geneigt wäre. Diese Themen erweitern tatsächlich den Bereich des Vernünftigen.


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