Wie ein Schuss ins Schwarze

(aus Frossard, Gott existiert, ich bin ihm begegnet)

Der aus einer jüdischen Familie stammende Franzose André Frossard war zwanzig Jahre alt, als ihm an einem Sommerabend in einer Pariser Kirche Gott begegnete. Die Religion der Familie war der Marxismus gewesen, Andrés Vater trug politische Verantwortung bei den französischen Kommunisten und später in der Sozialistischen Partei. Nach seiner Bekehrung wurde Frossard ein angesehener Journalist, mit 54 Jahren schrieb er Erinnerungen an die Kindheit und seine Gottesbegegnung in einem Büchlein nieder. Es wurde ein Bestseller, der viele nachdenklich machte, wollte und will doch niemand dem Autor Ernst und Aufrichtigkeit seiner Ausführungen absprechen. Als Atheist traf Frossard unvermittelt mit dem Glauben und der Lehre der Kirche zusammen - und stieß dabei auf etwas Lebendiges, das den Erwartungen seines Herzens zutiefst entsprach.

«Gelassener Atheist, der ich bin, ahne ich wahrhaftig nichts davon, als ich des Wartens müde, kopfschüttelnd über die nicht endenwollenden, unverständlichen. Andachtsübungen meines Kameraden, nun meinerseits die kleine Eisentüre aufstoße, um als Neugieriger oder als Zeichner das Gebäude näher in Augenschein zu nehmen, in dem er sich, wie mir vorkommt, schon eine Ewigkeit aufhält. (Tatsächlich waren es höchstens drei oder vier Minuten.) ... Neben der Tür stehend, spähe ich nach meinem Freund und es gelingt mir nicht, ihn unter den knienden Gestalten vor mir zu erkennen. Mein Blick wandert vom Dunkel zum Licht, kehrt zu den anwesenden Menschen zurück, ohne irgendeinen Gedanken mitzubringen, gleitet von den Gläubigen zu den unbeweglich verharrenden Ordensfrauen und bleibt dann, ich weiß nicht warum, an der zweiten Kerze haften, die links vom Kreuz brennt, nicht an der ersten, nicht an der dritten, sondern an der zweiten. In diesem Augenblick bricht jäh eine Welle von Wundern los, deren unerbittliche Gewalt in einem Nu von dem absurden Wesen, das ich bin, die Hülle reißen und das Kind, das ich nie gewesen bin, geblendet von dem Glanz, ans Tageslicht bringen wird.

Zuallererst werden mir die Worte „geistliches Leben" eingegeben. Sie werden mir nicht gesagt, ich forme sie nicht selbst, ich höre sie, als würden sie neben mir mit leiser Stimme von einer Person gesprochen,. die sieht, was ich noch nicht sehe.

Kaum hat die letzte Silbe dieses leisen Vorspiels die Schwelle meines Bewußtseins erreicht, da. bricht von neuem die Lawine los. Ich sage nicht: der Himmel öffnet sich; er öffnet sich nicht, er stürzt auf mich zu, schießt plötzlich wie ein stummes Wetterleuchten aus der Kapelle empor, wo er - wie hätte ich es ahnen können? - auf geheimnisvolle Weise eingeschlossen war... Es ist die Wirklichkeit, es ist die Wahrheit, ich sehe sie vom dunklen Strand aus, wo ich noch festgehalten bin. Es ist eine Ordnung im Universum, und an ihrer Spitze, jenseits dieses funkelnden Nebelschleiers, ist die Evidenz Gottes, die Evidenz, die Gegenwart ist, die Evidenz, die Person ist, die Person dessen, den ich vor einer Sekunde noch geleugnet habe, den die Christen unseren Vater nennen und dessen milde Güte ich an mir erfahre, eine Milde, die keiner anderen gleicht, die nicht die manchmal mit diesem Namen bezeichnete passive Eigenschaft ist, sondern eine aktive, durchdringende, eine Milde, die alle Gewalt übertrifft, die fähig ist, den härtesten Stein zu zerbrechen und was härter ist als der Stein - das menschliche Herz.

Ihr überwältigender Einbruch ist begleitet von einer Freude, die nichts anderes ist als der Jubel des vom Tod. Erretteten, des gerade noch zur rechten Zeit aufgefischten Schiffbrüchigen, mit dem Unterschied allerdings, daß mir erst in dem Augenblick, da ich dem Heil entgegen emporgerissen werde, zum Bewußtsein kommt, in welchem Schlamm ich, ohne es zu wissen, versunken war - und ich frage mich, der ich noch mit halbem Leib darin gefangen bin, wie ich darin leben, darin atmen konnte.

Zugleich ist mir eine neue Familie geschenkt worden: die Kirche, deren Aufgabe es ist, mich dorthin zu führen, wohin ich gehen muß, denn so viel ist klar, daß trotz des gegenteiligen Scheins mir noch eine Strecke Weg zurückzulegen bleibt, die nur aufgehoben werden könnte durch die Umkehrung der Schwerkraft...

Ein Pater vom Orden vom Heiligen Geist übernahm es, mich auf die Taufe vorzubereiten, indem er mich in der Religion unterrichtete, von der ich, wie ich nicht noch einmal zu betonen brauche, nichts wußte. Was er mir von der christlichen Lehre sagte, erwartete und empfing ich mit Freuden. Die Lehre der Kirche war wahr bis zum letzten Beistrich, und ich nahm jede Zeile mit immer erneutem Beifall zur Kenntnis, so wie man einen Schuß ins Schwarze beklatscht. Nur etwas überraschte mich: die Eucharistie. Nicht daß sie mir unglaubhaft geschienen hätte, sondern daß die göttliche Liebe diesen einzigartigen Weg gefunden hatte, sich mitzuteilen, erregte mein höchstes Staunen, und vor allem daß sie zu diesem Zweck das Brot erwählt hatte, die Speise der Armen und die liebste Nahrung der Kinder. Von allen vor mich hingestreuten Gaben des Christentums war diese die schönste.»


 

  









 

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