Eine besondere Frucht des Weltjugendtags
Hunderttausend Jugendliche aus Gemeinschaften
des Neokatechumenalen Wegs trafen sich in Bonn 2 700 von ihnen sagten Ja zu
einer geistlichen Berufung
Papst Benedikt hat den Weltjugendtag als ein Laboratorium für Berufungen bezeichnet. Etwa jeder zehnte Jugendliche auf dem Marienfeld kam aus einer Gemeinschaft des Neokatechumenalen Wegs, die damit die größte einheitliche Gruppe unter den neuen Gemeinschaften bildete. Beim Nachtreffen der am Ende einhunderttausend Jugendlichen in Bonn kam ans Licht, was der Papst durch seine Verkündigung und sein Zeugnis als Nachfolger Petri gesät hat: 2 700 Jugendliche bekundeten öffentlich, eine Berufung zum Priester oder Ordensleben vernommen zu haben. Dieser Anfang wird langfristig zu einer reichen Ernte führen.
Das Berufungstreffen mit den Initiatoren des Neokatechumenalen Weges, Kiko Argüello und Carmen Hernandez zusammen mit Pater Mario Pezzi, fand vergangenen Montag im "Rheinaue"-Park von Bonn unter Vorsitz von Kardinal Joachim Meisner statt. Zwölf Kardinäle und sechzig Bischöfe zeigten durch ihre Präsenz die Bedeutung, die die Kirche diesem Treffen der Neokatechumenalen Gemeinschaften beimisst.
Neben Kardinal Meisner waren die Erzbischöfe Antonio Maria Ruoco Varela von Madrid, Angelo Scola, Patriarch von Venedig, Christoph Schönborn von Wien, Georg Sterzinsky von Berlin, Theodore McCarrick von Washington, George Pell von Sydney, Christian Wiyghan Tumi von Douala, Lopez Rodriguez von Santo Domingo, Frederic Etsou von Kinshasa gekommen. Als Vertretung des Vatikans war der Präfekt der Kongregation für den Klerus, Kardinal Dario Castrillon Hoyos, eigens zu diesem Anlass aus Rom angereist. Auch der neue Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Levada, der aus seiner Zeit als Erzbischof von San Francisco den Neokatechumenalen Weg sehr gut kennt, war zugegen, ebenso der Präsident des päpstlichen Rates "Cor Unum", Erzbischof Paul Joseph Cordes, und der Generalsekretär des Weltjugendtags, Prälat Heiner Koch.
Zweiundzwanzigtausend Italiener bildeten die größte Gruppe unter den Jugendlichen, gefolgt von den Spaniern und Amerikanern. Aus den ehemaligen Ostblockstaaten waren es neuntausend. Begeisterter Applaus brach bei der Vorstellung der Jugendlichen aus der Volksrepublik China, dem Irak und Marokko aus, die zum ersten Mal bei einem solchen Treffen mit dabei waren. Der Präsident des päpstlichen Rates für die Laien, Erzbischof Stanislaw Rylko äußerte sich überrascht: "Ich wusste, dass ihr viele sein würdet, aber ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ihr so viele seid." Er versicherte den Jugendlichen: "Der neue Papst weiß, dass er sich auf die Jugendlichen der neokatechumenalen Gemeinschaften verlassen kann."
Die Jugendlichen hörten die Übersetzung auf kleinen Radios. Auf der Tribüne war ein Triptychon in kräftigen Farben von enormen Ausmaß aufgebaut: in der Mitte Christus als Pantokrator mit den Worten "Ich komme bald!" Auf der Tribüne saßen die Itineranten, die die Jugendlichen von allen Kontinenten nach Köln begleitet hatten, sowie die Itineranten und Verantwortlichen für den Neokatechumenalen Weg in Deutschland und den Niederlanden, Toni und Bruna Spandri mit dem Priester Tobias Erlenmeyer. Sie hatten mit Hilfe der 95 deutschen und holländischen Gemeinschaften die Organisation getragen.
Und so hatte die Vorbereitung auf den Weltjugendtag ausgesehen: Jeder Bus, egal aus welchem Land, wurde von einem Katechistenteam mit einem Priester geleitet. Eine Bußliturgie, die tägliche Eucharistie und die Laudes, Erfahrungsaustausch und Katechesen über den Sinn des Lebens, das Wirken Gottes in der eigenen Geschichte, die Berufung zu Ehe und Familie, zu Priester- oder Ordensleben bereiten bei den Jugendlichen eine Öffnung des Herzens vor. Die Jugendlichen besuchten europäische Wallfahrtsorte und Schauplätze der jüngsten Geschichte wie das Konzentrationslager Dachau und das Brandenburger Tor.
Viele Gruppen legten an wenigstens hundert öffentlichen Plätzen in Berlin, München, Prag, Amsterdam, Paris, Wien, London oder Dublin einen Halt ein. Mit Liedern zur Gitarre, Tänzen und Transparenten machten sie auf sich aufmerksam und gaben den Zuschauern Zeugnis über ihre Erfahrung mit Jesus Christus. Mehrmals passierte es, dass junge Touristen durch diese Begegnung spontan ihre Reisepläne änderten und auch zum Marienfeld aufbrachen. Andere Gruppen erzählten von Hausfrauen, die auf Fahrrädern die singenden Jugendlichen mit Pizza und belegten Broten versorgten. Mit den Straßenmissionen knüpften sie an das Vorbereitungstreffen des Neokatechumenalen Wegs zum zwanzigsten Weltjugendtag im Stadion von Amsterdam an. Im April waren dort 35 000 Jugendliche zusammengekommen, die zuvor auf den Plätzen Europas die Gute Nachricht verkündigt und Einladungen nach Köln an ihre Altersgenossen verteilt hatten. Sie folgten damit der Inspiration Johannes Paul II., der auch Nichtkatholiken und Ungetaufte aufrief, zum XX. Weltjugendtag zu kommen.
"Öffne den Himmel und erfülle unsere Herzen mit dem Heiligen Geist und gib uns ein neues Pfingsten", betete Kardinal Meisner auf Deutsch und eröffnete so die Liturgie in den Rheinauen. Fünfzehnhundert Priester, die unter den Jugendlichen aus allen Kontinenten saßen, erhoben sich und bildeten auf den Vorschlag von Kiko hin spontan eine Prozession. In Reihen von je sieben trugen sie eine liliengeschmückte Madonnenstatue und zwei Figuren mit den Bonner Reliquien der Märtyrer Cassius und Florentius auf die Tribüne. Diese Prozession sollte verdeutlichen, was Kiko zuvor über die Mission des Priesters gesagt hatte: Wie zu Zeiten Josuas hätten die Priester die Mission, im Wasser des Jordan mit der Bundeslade zu stehen, damit das Volk ihn durchqueren kann, um ins gelobte Land zu ziehen. Dabei sei der Jordan das Symbol für den Tod des Seins, an dem die Gesellschaft krankt und der die Menschen zu Sklaven der Sünde macht. Die Bundeslade aber sei die Jungfrau Maria, das Bild der Kirche, die durch ihre sakramentale Kraft diesen inneren Tod bannen kann, wie damals die Bundeslade die Fluten des Jordan. Ohne Priester - keine Auferstehung.
In seiner väterlichen Art lud Kardinal Meisner die Jugendlichen in einer mutigen Predigt auf Italienisch dazu ein, ihre Berufung anzunehmen. "Ich bin seit 43 Jahren Priester und bezeuge vor Gott und allen Menschen, dass ich auf keine andere Art so glücklich hätte werden können wie als Priester", sagte er und fügte an: "Wenn ich noch einmal geboren werden sollte, würde ich ohne Zögern diesem Ruf wieder folgen - allerdings lieber ohne Mitra."
Dann forderte Kiko die Versammlung auf, zu beten. Für mehrere Minuten legte sich eine große Stille über die hunderttausend Jugendlichen. Das Schweigen endete mit dem Ruf Kikos: "Wenn es hier einen Jungen gibt, der spürt, dass Gott ihn ruft, Priester zu werden, dann soll er aufstehen und nach vorne kommen". Zunächst sah man einzelne Jungen, die sich erhoben und begleitet von Applaus in Richtung Tribüne gingen. Aber dann wurden es immer mehr und auf den kleinen Wegen zwischen den Sitzenden bildeten sich Karawanen und die Plattform füllte sich mit knienden jungen Männern. Alle warteten auf den Segen durch die Bischöfe. Am Ende waren es etwa zweitausend.
Dann rief Kiko die Mädchen zum geweihten Leben und dieses Mal waren es siebenhundert, die kamen. Die Anteilnahme der ganzen Versammlung war gewaltig, denn keiner, der aufstand, war alleine dort, sondern mit Brüdern und Schwestern aus der Gemeinschaft und der Pfarrei zum Weltjugendtag gekommen.
Beim Nachtreffen in Denver hatte Bischof Paul Josef Cordes diese Einmütigkeit und Freude an den Berufungen als "sensum fidelium" bezeichnet. Wenn die Teilnehmer nach dem Großereignis in ihre Heimat zurückkehren, finden sie gerade in ihrer Gemeinschaft, bei ihrem Pfarrer und bei den Katechisten die Unterstützung und ein Korrektiv bezüglich ihrer Berufung. Dasselbe gilt für die zahlreichen Paare, die der Weltjugendtag zur christlichen Ehe ermutigt hat.
In den Neokatechumenalen Gemeinschaften geschieht somit gerade das, wovon Benedikt XVI. am 21. August vor den deutschen Bischöfen gesprochen hatte: "Der Weltjugendtag ist ein Laboratorium auch in Bezug auf Berufungen, denn in diesen Tagen versäumt es der Herr nicht, seinen Ruf kraftvoll im Herzen nicht weniger junger Menschen zu Gehör zu bringen. Viele Zeugnisse von Jugendlichen und Erwachsenen beweisen, dass die Erfahrung der weltweiten Treffen, wenn sie in einem Weg des Glaubens, der Unterscheidung und des kirchlichen Dienstes fortgesetzt wird, in reife Entscheidungen für ein Leben in der Ehe, im Ordensstand, als Priester oder als Missionar münden kann." In diesem Zusammenhang verwies er wie auch auf dem Marienfeld auf die Bewegungen und neuen Gemeinschaften in der Kirche. Die Bonner Zusammenkunft aller Neokatechumenalen mit dem Ruf zum gottgeweihten Leben, der in dieser Form seit dem ersten Weltjugendtag 1984 existiert, erntete, was die beiden Päpste in den vergangenen Jahren gesät hatten.
Nach zwanzig Jahren zeigt sich, dass diese Praxis zu "rufen" einen Prozess in Gang gesetzt hat, der bleibende Früchte bringt. Die 57 internationalen Priesterseminare "Redemptoris Mater", die Johannes Paul II. 1987 initiierte, mit ihren derzeit fünfzehnhundert Seminaristen aus den neokatechumenalen Gemeinschaften haben bis heute mehr als tausend Priester ausgebildet. Dazu kommen mehrere tausend Jungen, die in die regulären Priesterseminare ihrer Heimatdiözesen eingetreten sind. Neben den Frauen, die ehelos lebend weltweit evangelisieren oder ehrenamtlich den Familien in Mission helfen, sind aus den Neokatechumenalen Gemeinschaften bis heute viertausend Frauen bei den Karmeliten, Klarissinnen, Benediktinerinnen, Bethlehemschwestern und anderen Orden eingetreten. Aus Liebe zu Christus leben sie verborgen hinter Mauern in ständigem Gebet.
Für Europa, das nach Papst Benedikt nicht mehr nur einer Neuevangelisierung, sondern einer Erstevangelisierung bedarf, werden die Berufungen nach dem Weltjugendtag in Köln eine große Rolle spielen. Am Ende des Treffens lud Kardinal Pell die Jugendlichen zum Weltjugentag nach Sydney ein: "Kommt alle, Australien braucht euer Glaubenszeugnis!"
(Autor: VON MARIA VODERHOLZER DT vom 30.08.2005)
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