Homosexualität Aktuelle Gefahren des Umgangs mit dem Thema Homosexualität in Kirche und Gesellschaft - eine Hilfe zur "Unterscheidung der Geister".
"Es lebe das Laster" - der Titel dieses letzten und reichlich zynischen Liedes des bekannten Schlagersängers Udo Jürgens kommt einem in den Sinn, wenn wie alljährlich Ende Juni die Straßen der Großstädte von so genannten "Christopher-Street-Day" (CSD) Paraden beherrscht werden. Eine dekadent wirkende öffentliche Schamlosigkeit, an die sich viele schon gewohnt haben - ähnlich wie an den inzwischen sanft eingeschlafenen lärmigen Berliner Drogen- und Alkoholexzess namens "Love-parade". Politiker des grün-gelben Lagers, ja sogar Bundestagspräsident und ZdK-Mitglied Wolfgang Thierse in hellem Strohhut, waren gern gesehene Zaungäste des Homosexuellenspektakels, vom Berliner Bürgermeister und Partyhengst Wowereit ("das ist gut so") war ohnehin kaum anderes zu erwarten. Ein latent homosexueller Schriftsteller wie Thomas Mann hätte sich von diesem Treiben angewidert abgewandt. In der Schweiz gelingt es derweil, in der altehrwürdigen Luzerner Franziskanerkirche mit bischöflicher Duldung einen "ökumenischen Gottesdienst" zum Abschluss eines CSD-Umzuges abzuhalten. Wenn die schrillen Tage vorbei sind, kämpft die Lobby weiter gegen Äußerungen Papst Benedikts XVI. ("unbarmherzig, ohne Respekt vor der homosexuellen Existenz", so Volker Beck, der auch schon Verständnis für Päderastie bekundet hat) und für neue Privilegien bis hin zum Adoptionsrecht, ja sogar die Aufnahme ihrer Anliegen in Lehrpläne von Schulen. Ein designierter EU-Kommissar, der seine religiöse Überzeugung, Homosexualität sei für ihn als Katholik Sünde, zum Ausdruck brachte, wurde von der Ernennungsliste gestrichen. Gleichzeitig ist allerdings in Amerika, von wo die Regenbogen-Bewegung der Schwulen und Lesben ihren Ausgang nahm, seit einiger Zeit ein Gegentrend, der auch zur Wiederwahl von George W. Bush führte, deutlich erkennbar. In Europa sind es vorerst nur Polen und Spanien, wo größere Menschenmengen mit Unterstützung der Kirche für die Werte der Familie gegen den Homo-Trend auf die Straße gehen. Dagegen wirbt in der Union, deren "C"-Name von Kardinal Joachim Meisner jüngst als Etikettenschwindel bezeichnet wurde, eine "LSU" (Lesben und Schwule in der Union) mit Unterstützung der Parteivorsitzenden und des bayerischen Innenministers für die bekannten Anliegen. "Political correct" auch der neue Baden-Württembergische Ministerpräsident, wenn er zu den CSD-Treffen ein "Grußwort" abgibt. Hat es angesichts all dessen noch einen Sinn, sich als Christ und Staatsbürger dem Trend der "Homosexualisierung"1 entgegenzustellen? Zumal wenn es auch im offiziell-kirchlichen Bereich bereits diözesane Arbeitskreise für "Homosexuellenpastoral" (etwa in den Bistümern Osnabrück und Innsbruck) gibt, die die Unterstützung und das Lob der erwähnten "LSU" finden? Womit wir beim Thema wären. Das Evangelium spricht eine klare Sprache: "Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken" (Mt 9, 12). So gab und gibt es Seelsorge für Prostituierte, Gefangene, Suchtgeschädigte, psychisch und leiblich Kranke. Die politisch und kirchlich engagierten Homosexuellen wollen aber nicht, wie es die moderne Psychoanalyse mit dem Begriff der "Inversion" bis Sigmund Freud noch tat, als "krank" angesehen werden, sondern ihre Rechte auf Gleichstellung und ihre Anerkennung einfordern. Das Angebot von Therapie2 gilt ihnen als beleidigend. Deshalb sind sie auch taub für den Ruf: "ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten" (Mt 9,13). Toleranz genügt nicht, sie muss zur Anerkennung führen, wie es schon Goethe (dem unser Problem völlig fremd war) eingemahnt habe. Als "Sünde" darf Homosexualität, wie es Rocco Buttiglione von den neuen EU-Diktatoren des Relativismus beigebracht wurde, öffentlich nicht bezeichnet werden. Manchmal scheint dies aber nun auch innerkirchlich schon der Fall zu sein. So warb eine Website des erwähnten Bistums Osnabrück mit einem "Arbeitskreis Homosexuellenpastoral" und einem Bild von zwei sich umarmenden Männern dafür, "dass in Gesellschaft und Kirche das Verständnis für diese Lebensausrichtung wächst" und möchte den "Abbau von Vorurteilen und Diskriminierung" unterstützen. Erst nach heftigen Protesten aufgrund eines Kommentars "Homosexuellenpastoral bedarf keiner Koketterie" (im online-Dienst kath.net wurde das Bild entfernt und durch ein Stacheldraht-Foto ersetzt. Statt um "Verständnis" wird nun darum geworben, "dass in Gesellschaft und Kirche die Aufmerksamkeit für diese häufig schwierige Lebenssituation wächst", und darauf hingewiesen, dass es in mehreren deutschen Bistümern derartige Arbeitskreise gebe. Das direkte Ärgernis war somit beseitigt, aber es bleibt die Frage, ob nicht allein die Existenz dieser "Arbeitskreise" die an der Hl. Schrift orientierte Lehre der Kirche ähnlich "verdunkeln" kann wie es seinerzeit bei der Vergabe von eine Abtreibung ermöglichenden Beratungsscheinen der Fall war. Diese Lehre und Überlieferung der Kirche hat stets erklärt, "dass die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind"3 und dies im "Katechismus der Katholischen Kirche" (KKK) knapp wiederholt: "Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen" (KKK 2357). Ohne den Begriff der "Diskriminierung" zu verwenden wird in pastoraler Sicht formuliert: "Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen haben tiefsitzende homosexuelle Tendenzen. Diese Neigung, die objektiv ungeordnet ist, stellt für die meisten von ihnen eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitgefühl und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Verfasstheit erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen" (KKK 2358). Damit ist die seelsorgerische Verpflichtung klar ausgesprochen, aber auch dass es keine unterschiedslose Toleranz oder gar "Anerkennung" der homosexuellen Lebensweise geben kann. Aus dem Jahr 1986 datiert ein vom jetzigen Papst unterzeichnetes "Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre an die Bischöfe der katholischen Kirche über die Seelsorge für homosexuelle Personen"4, in dem viele pastorale und anthropologische Aspekte zur Sprache gekommen sind. Es wird aber auch eine realistische und angesichts der Initiativen nicht nur aus Osnabrück leider sehr aktuelle Warnung formuliert: die Kongregation bittet die Bischöfe, "allen Programmen gegenüber besonders wachsam zu sein, welche die Kirche zu bedrängen suchen, ihre Lehre zu ändern, auch wenn sie mit Worten vorgeben, dass dem nicht so sei. Ein sorgfältiges Studium ihrer öffentlichen Erklärungen sowie der Aktivitäten, die sie fördern, offenbart eine gezielte Zweideutigkeit, wodurch sie Hirten und Gläubige irrezuleiten suchen ... Dieses widersprüchliche Verhalten sollte keineswegs die Unterstützung der Oberhirten finden"5. Noch in frischer Erinnerung ist das Papier der Glaubenskongregation vom Sommer 2003 "Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen"6, das auf hellen Protest stieß und auch von sich christlich nennenden Politikern teilweise abgelehnt wurde, allerdings Wertschätzung in vielen gläubigen evangelischen Kreisen fand (etwa beim "Gemeindehilfsbund"). In der Politik mögen oft Opportunismus oder vordergründig wahltaktische Gründe zu jener "Anpassung, die Prinzipien unseres Glaubens verrät" (Kardinal Lehmann im Bonner Requiem für Papst Johannes Paul II.) geführt haben. Innerkirchlich geht es in dem Streit um Homosexuellenpastoral um weit mehr als um moraltheologische Spezialdiskussionen. Gruppierungen wie "Homosexuelle und Kirche" (HuK) oder "Wir sind Kirche" (WsK), die die im Anschluß an einen peinlichen österreichischen Vorfall entstandenen "Kirchenvolksbegehren"7 mit ihren liberalen Forderungen ("Frohbotschaft statt Drohbotschaft" lautete plakativ und simplifizierend eine Überschrift) auf den Weg brachten, wollen mit Galionsfiguren wie Eugen Drewermann oder Hans Küng sogar auf Katholikentagen das Amts- und Lehrverständnis der Kirche sturmreif schießen. Wenn Homosexualität gegen die Lehre von Schrift und Tradition als gleichberechtigt anerkannt wird, ist der fruchtbare "Gegensatz" (Romano Guardini schrieb unter diesem Titel sein frühes philosophisches Hauptwerk) der Geschlechter8, wie ihn in Nachfolge von Sartre/Beauvoir auch der moderne Feminismus ("gender-mainstream") als "gemacht" negiert, so weit abgeschafft, dass es auch keine Gründe gegen ein amtliches Frauenpriestertum mehr zu geben scheint. Männlichkeit und Sohnschaft Jesu Christi ist dann zu einem egalitär "kastrierten" Akzidens geworden. Vaterschaft und Mutterschaft werden ebenfalls, wenn überhaupt noch benannt, zu Austauschbegriffen. Schon im Jahr 1953 formulierte Hans Urs von Balthasar als Theologe den Aphorismus: "Homosexualität ist darum so verderblich, weil hier der Mensch seine eigene Schönheit und, wenn es der Mann ist, seine gottgewollte Überlegenheit gegenständlich erblickt hat, während doch kein Wesen sich selbst mit der Liebe des Wohlgefallens an der Schönheit umfangen darf, die eine Gnade ihm gnädig verdeckt."9 Es kann daher kirchlich in der gegenwärtigen Situation der kulturellen Auseinandersetzung um den moralischen Relativismus keine in "Arbeitskreisen" institutionalisierte und daher immer zweideutige Form der Homosexuellenpastoral geben, sondern nur den Raum der geschützten Diskretion in der allgemeinen Seelsorge des "forum internum", konkret gesprochen der Beichte. Ansonsten käme das "gut gemeinte" Bemühen eben doch einer Anerkennung und Unterstützung gleich und würde von den entsprechenden Gruppierungen sogleich in ihrem Sinne ausgenützt. Daher wäre im Bistum Osnabrück und anderswo - wenn Lehre und Zeugnis der Kirche nach innen und außen glaubwürdig und klar bleiben sollen - mehr zu korrigieren als nur der Text einer Website und z. B. auch ein Angebot von vernünftigen Therapien aufzunehmen. Dies bedeutet keineswegs die oft unterstellte "Homophobie" wie abschließend ein versöhnlicher Text des früheren Erzbischofs von London, Kardinal Basil Hume OSB, verdeutlichen kann: "In den Augen Gottes sind alle Menschen wertvoll. Die Liebe, die ein Mensch für einen anderen empfindet, ist ein Geschenk Gottes. Dennoch erwartet Gott von homosexuellen Menschen, ebenso wie von heterosexuellen Menschen, dass diese sein Gesetz achten und ein schwer zu erreichendes Ideal anstreben, selbst wenn dieses Ideal nur schrittweise zu erlangen ist (siehe ,Familiaris Consortio' Nr. 34). Die Liebe Gottes zu einem jeden Menschen ist größer als jede Liebe, die ein menschliches Wesen für einen anderen empfinden kann. In allen Lebensumständen und Situationen ruft Gott einen jeden Menschen - ungeachtet seiner sexuellen Ausrichtung - auf, den Teil seines Schöpfungsplanes zu erfüllen, den zu erfüllen ihm und keinem anderen vorbehalten ist."10
Fußnoten:
1 So der Titel eines Kapitels in dem vor allem für
Jugendliche verfassten klarsichtigen Werk von G. Kuby, Ausbruch zu Liebe. Für
junge Leute, die Zukunft wollen, Kisslegg 2004, 196. Auf dem "Forum Deutscher
Katholiken" (Regensburg, 10. - 12. Juni 2005) stellte die Soziologin und
Schriftstellerin Gabriele Kuby die Resolution "Deutschland braucht eine
sexuelle Gegenrevolution" vor.
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