Wiltu die falsche Lieb von wahrer unterscheiden /
So schau sie sucht sich selbst / und fället ab inn Leiden.
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304. Das Kreutz probirt die liebe.
Jm Feuer wird das Gold obs reine sey probirt /
Und deine Lieb im Kreutz / wie lauter sie / gespürt.
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305. Die Liebe Gottes ist wesentlich.
Die Liebe gegen Gott steht nicht in süssigkeit /
Süss ist ein zufall nur: sie steht in Wesenheit.
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306. Ein unverwundtes Hertz ist ungesund.
Ein Hertze welches nicht von GOttes Lieb ist Wund:
Jst / ob es zwar nicht scheint / gantz Krank und ungesund.
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307. Die Liebe ist GOtt gemeiner als Weißheit.
Die Liebe geht zu GOtt unangesagt hinein:
Verstand und hoher Witz / muß lang' im Vorhof seyn.
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308. Wie GOtt so allgemein.
Wie allgemein ist GOtt! Er hat der Bauer Magd
Die Kunst wie man jhn Küst / so wol als dir gesagt.
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309. Das erfreulichste der Seelen.
Diß ist's erfreulichste / wie meiner Seel fällt ein /
Daß sie wird jmmer Braut mit ewger Hochzeit seyn.
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310. Was der Kuß GOttes ist.
Der Kuß deß Bräutgams GOtts / ist die Empfindlichkeit
Seins gnädgen Angesichts / und seiner süssigkeit.
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311. Die Seele kan nichts ohne GOtt.
So schön die Laute sich auß eignen Kräfften schlägt /
So schön klingt auch die Seel die nicht der HERR bewegt.
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312. Der guldene Begrief.
Der guldene Begrief durch den man alles kan /
Jst Liebe: Liebe nur / so hastu's kurtz gethan.
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313. Das Edleste Gemütte.
Kein Edleres Gemütt ist auf der gantzen Welt /
Als welchs mit GOtt vereint / für einen Wurm sich hält.
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314. Barmhertzigkeit schleust den Himmel auf.
Kind mache dich gemein mit der Barmhertzigkeit:
Sie ist die Pförtnerinn im Schloß der Seeligkeit.
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315. Verkleinerung erhebt.
Verkleinere dich selbst / so wirstu groß mein Christ /
Je schnöder du dich schätzst / je würdiger du bist.
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316. Der Evangelische Hirte.
Der Hirt' ist GOttes Sohn / die GOttheit ist die Wüste /
Jch bin das Schaf das Er für andren sucht' und küste.
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317. Die Früchte der Tugenden.
Die Demut die erhebt / die Armuth machet Reich /
Die Keuschheit Engelisch / die Liebe GOtte gleich.
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318. Wie man inn Himmel sieht.
Man darf kein Ferngesicht inn Himmel einzusehen /
Kehr dich nur von der Welt / und schau: so wirds geschehen.
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319. Die gröste Seeligkeit.
Die gröste Seeligkeit die ich mir kan ersinnen
Jst / daß man GOtt wie süss' Er ist wird schmekken können.
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320. Der nächste Weg zu GOtt.
Der nächste Weg zu GOtt ist durch der Liebe Thür:
Der Weg der wissenschafft bringt dich gar langsam für.
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321. Worinn die Ruhe deß Gemüttes bestehe.
Die Ruhe deß Gemütts besteht in dem allein /
Daß es Vollkömmlich ist mit GOtt ein einges Ein.
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322. Die Seeligkeit ist in dem höchsten Gutt.
Kein Mensch kan seelig seyn / als in dem höchsten Gutt:
Wie daß mans dann verläst / und's kleine suchen thut?
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323. Warumb GOtt ewigen Lohn giebt.
GOtt muß die Heiligen mit ewgem Lohn belohnen:
Weil sie jhm / wo Er wolt' / auch ewig würden frohnen.
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324. Die Krönende Tugend.
Die Tugend die dich Krönt mit ewger Seeligkeit /
(Ach halte sie doch fest!) ist die beharrligkeit.
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325. Wenn die Himmelfahrt verhanden.
Wenn GOtt in dir gebohrn / gestorben / und erstanden:
So freue dich daß bald die Himmelfahrt verhanden.
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326. Unterschiedliche Gelegenheit der Seele.
Deß Sünders Seele ligt / deß Büssers richt sich auf /
Und deß Gerechten steht geschikt zum Tugend lauf.
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327. Warumb GOtt deß Regiments nicht müde wird.
GOtts und seins Geistesreich ist Liebe / Freude / Fride:
Drumb wird Er deß Regierns in Ewigkeit nicht müde.
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328. GOtt betrübt die Sünde nicht.
GOtt thut die Sünde weh in dir als seinem Sohn:
Jn seiner GOttheit selbst / da fühlt Er nichts davon.
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329. Die gantze Dreyfaltigkeit hilfft zur Seeligkeit.
Die Allmacht zeucht mich auf / die Weißheit weist mich an /
Die Gütte hilffet mir / daß ich inn Himmel kan.
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330. Wenn man GOtt reden hört.
Wenn du an GOtt gedenkst / so hörstu Jhn in dir:
Schwiegstu / und wärest still' / Er redte für und für.
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331. Was GOtt nicht thut / gefällt jhm nicht.
GOtt muß der Anfang seyn / das Mittel und das Ende /
Wo Jhm gefallen solln die Werke deiner Hände.
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332. Wo der Mensch hinkomt / wann er in GOtt vergeht.
Wenn ich in GOtt vergeh / so komm ich wider hin
Wo ich von Ewigkeit vor mir gewesen bin.
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333. Deß Teuffels Schlacht Vieh.
Die Seele welche sich die Sünde läst ermorden /
Die ist (O grosser Spot!) deß Teuffels Schlacht Vieh worden.
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334. GOtt schätzt die Werke nach dem wesen.
Mensch deß Gerechten Schlaf ist mehr bey Gott geacht /
Als was der Sünder Beht und singt die gantze Nacht.
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335. Unterscheid der drey Lichter.
Das Licht der Herrligkeit lass' ich die Sonne seyn /
Die Gnade gleicht den Strahln / Natur dem Widerschein.
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336. Mit einem Auge muß man zihlen.
Die Seele welche GOtt das Hertze treffen wil /
Seh nur mit einem Aug / dem rechten / auf das zihl.
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337. Das Geschöpff ist deß Schöpffers Trost.
Jch sein Geschöpffe bin deß Sohnes GOttes Kron /
Die Ruhe seines Geists / und seiner Leiden lohn.
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338. Die Ewigkeit ist je länger je undurchschaulicher.
Das Meer der Ewigkeit je mehr's der Geist beschifft
Je undurchschifflicher und weiter ers betrifft.
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339. Die GOttheit gründet kein Geschöpffe.
Wie tief die Gottheit sey kan kein Geschöpff ergründen:
Jn ihren Abgrund muß auch Christi Seel verschwinden.
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340. Auch GOtt muß sich verdienen.
Daß ich den höchsten GOtt zum Bräutgam angenommen /
Hat Er umb mich verdient / daß Er ist zu mir kommen.
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341. Wo die Zeit am längsten.
Je weiter man von GOtt / je tieffer in der Zeit:
Drumb ist den Höllischen ein Tag ein' Ewigkeit.
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342. Wo man die Göttliche Höffligkeit lernt.
Kind wer in GOttes Hof gedänket zubestehn /
Der muß zum Heilgen Geist hier in die Schule gehn.
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343. Das geistliche Orgelwerk.
GOtt ist ein Organist / wir sind das Orgelwerk /
Sein Geist bläst jedem ein / und gibt zum thon die stärk.
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344. Die Armut ist im Geist.
Die Armut steht im Geist: ich kan ein Kaiser werden /
Und doch so Arm seyn als ein Heiliger auf Erden.
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345. Wer inn Wunden Christi wohnt.
Der Geist der voller Freud' in Leiden wird gefunden /
Und ruhe hat in Pein / der wohnt in Christi Wunden.
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346. Den Kindern gebühret Milch.
Den Männern giebet GOtt zu trinken starken Wein:
Dieweil du noch ein Kind / flöst Er dir süsses ein.
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347. Wer eine tieffe mit GOtt.
Der Geist / der nunmehr ist mit Gott ein Einges Ein /
Muß eben solcher Höh' / und solcher tieffe seyn.
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348. Wie Gott zumessen.
Unmeßlich ist zwar GOtt: jedoch kanstu Jhn messen /
Wo du mein Hertze mißt: denn's ist von Jhm besessen.
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349. Du must der Gnade Lufft machen.
Räum weg / und mache Lufft; das Fünklein ligt in dir:
Du flammest es leicht auf mit heilger Liebsbegiehr.
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350. Du must dich selbst ermuntern.
Mein Christ du must dich selbst durch GOtt vom Schlaf erwekken:
Ermunterst du dich nicht / du bleibst im Traume stekken.
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351. Jm jnnern sind alle Sinnen ein Sinn.
Die Sinnen sind im Geist all' ein Sinn und gebrauch.
Wer GOtt beschaut / der schmäkt / fühlt / reucht / und hört Jhn auch.
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352. Was das süsseste und seeligste.
Nichts süssers ist als GOtt ein Menschen Kind zusehn:
Nichts Seelgers als in sich fühln die Geburt geschehn.
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353. Das Antlitz Gottes macht trunken.
Das Antlitz Gotts macht voll. Sähstu einmal sein Licht:
Du würdest trunken seyn von diesem Angesicht.
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354. Ungekreutzigt komt niemand inn Himmel.
Christ flieh doch nicht das Kreutz; du must gekreutzigt seyn:
Du komst sonst nimmermehr ins Himmelreich hinein.
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355. Woher die Ungleichheit der Heiligen.
GOtt wirkt nach der Natur: diß macht den unterscheid /
Daß dieser Heilige sich kränkt / der andre freut.
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356. Das Vollkomne vertreibt das Un-Vollkomne.
Wenn das Vollkommne kömt / fällt's Unvollkommne hin:
Das Menschliche vergeht / wenn ich vergöttet bin.
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357. Wenn sich GOtt ins Hertz ergeust.
Mensch wenn dein Hertz ein Thal / muß GOtt sich drein ergiessen
Und zwar so mildiglich daß es muß überfliessen.
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358. GOtt wird was Er wil.
GOtt ist ein Ewger Geist / der alls wird was Er wil /
Und bleibt doch wie Er ist Unformlich und ohn Ziehl.
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359. Gleichnüß der H. Dreyfaltigkeit mit der Sonne.
GOTT Vatter ist der Leib / und GOtt der Sohn das Licht /
Die Strahln der heilge Geist / der beiden ist verpflicht.
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360. Wenn man jhm den Tod deß HErren zueignet.
Freund / wenn ich selber mir absterbe hier und nu /
Dann eign' ich mir den Tod deß Herren erst recht zu.
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361. Die Gnade Gottes fleust allzeit auß.
Die Gnade fleust von Gott wie Wärmde von dem Feur.
Nahstu dich nur zu Jhm / sie komt dir bald zu Steur.
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362. Die höchste Seeligkeit.
Die höchste Seeligkeit die mir GOtt selbst kan geben /
Jst daß er mich wie sich wird machen und erheben.
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363. Deß Weisen verrichtung.
Ein Narr ist viel bemüht: deß Weisen gantzes thun /
Das zehnmal Edeler / ist Lieben / schauen / ruhn.
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364. Wer in dem Wirken ruht.
Der Weise welcher sich hat übersich gebracht /
Der ruhet wenn er laufft und wirkt wenn er betrachte
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365. Der Larven Mensch.
Ein Mensch der wie das Vieh in alle Lust außbricht /
Jst nur ein Larven Mensch: er scheint und ists doch nicht.
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366. Das Lauttenspiel GOttes.
Ein Hertze das zu Grund GOtt still ist wie er wil /
Wird gern von Jhm berührt: es ist sein Lautenspil.
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367. Wer auf alle Fälle geschikt ist.
Wer Gott so leicht entbehrn / als leicht empfangen kan /
Der ist auff allen Fall ein rechter Helden Mann.
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368. Bey welchem GOtt gerne ist.
Mensch wenn du Gottes Geist bist wie dir deine Hand /
Macht die Dreyfaltigkeit sich gern mit dir bekandt.
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369. Die Seele ausser jhrem Ursprung.
Ein fünklein aussrem Feur / ein tropffen aussrem Meer:
Was bistu doch O Mensch ohn deinen wiederkehr?
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370. Jn GOtt ist alles.
Was deine Seel begehrt / bekommt sie alls in GOtt:
Nimbt sie es ausser Jhm / so wird es jhr zum Tod.
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371. Wen Gott nicht loß kan bitten.
Mensch stirbstu ohne GOtt: es kan nicht anders seyn /
Bäth' auch GOtt selbst für dich / du must in Pful hinein.
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372. Die Braut sol wie der Bräutgamb seyn.
Jch muß verwundet seyn. Warumb? weil voller Wunden
Mein ewger Bräutigam der Heyland wird gefunden:
Was Nutzen bringt es dir? Es stehet gar nicht feyn:
Wenn Braut und Bräutigam einander ungleich seyn.
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373. Das allerseeligste Hertze.
Ein reines Hertz schaut Gott / ein heilges schmäket Jhn:
Jn ein Verliebetes wil er zu Wohnen ziehn.
Wie seelig ist der Mensch der sich befleist und übt /
Daß jhm sein Hertze wird rein Heilig und verliebt!
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374. Man überkömt mit meiden.
Freund meide was dir Lieb / fleuch was dein Sinn begehrt.
Du wirst sonst nimmermehr gesättigt und gewehrt.
Viel wären zum Genuß der ewgen Wollust kommen /
Wenn sie mit Zeittlicher sich hier nicht übernommen.
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