Gefühlsfilter – Erlebnissefilter: Wichtiger ist was ICH fühle und was ICH erlebt habe
Wolfgang Stegmüller
Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie
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Da war noch ein anderer Filter. Es ist viiiiiiiiel
interessanter, wenn der andere von seinen Erlebnissen erzählt. Man sollte
auf diesem Nieveau bleiben. Die trockenen Argumente sind so oft langweilig,
ungeniessbar und lust-steril.
Und dann, wozu auch? Nun, sich auf der
Erfahrungsebene zu bewegen bringt mehr Lebensnähe, Ich 'verstehe' viel
besser. Es tu mir leid, aber das stimmt nicht. Wenn der Andere erklärt,
warum er so oder so reagiert hat, dann schwingt da eine ganze Welt mit. Er
subsummiert Basisfragen. Darum ist es notwendig immer wieder neu die
Grundfragen zu stellen. Denn meine Reaktion auf die Erlebnisse modifizieren
meine Gundlagen, es sei denn, es gibt ein festes Fundament.
Nun kann auch sein, dass meine schmerzlichen oder lustvollen Erfahrungen mich einfach die Fundamente vergessen lassen. Ich leide oder ich freue mich. Nun kann es aber sein, dass Dein Leiden genau in einem falschen Fundamente wurzelt. Nun kann es sein, dass ich leide oder mich freue weil ich das Fundament ausser achtgelassen habe. Oberstes Kriterium: ich fühle, also bin ich.
Zudem ist die moderne Welt langsam vom Ohr zum Auge übergegangen. Das gehörte Wort ruft irgendwie mehr die Intelligenz auf den Plan. Das Auge ist da viel direkter. Die Werbeexperten messen die Pupille beim Anschauen von Bildern, weil diese Reaktion direkter ist als beim Hören.. Das ermöglicht die Bilder auszusuchen, die diese Spontanreaktionen automatisch hervorrufen. Weiss der Herrgott, welchen komplizierten optischen Fallen wir ins Garn gehen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Autonom? Frei? Hustekuchen. Du reagierst treu nach Programm. Fernsehen formt den Menschen. Die Aufmerksamkeitspanne wird immer kürzer, darum werden die Stimuli immer stärker. Warum endet fast jeder Film im Bett? Niemandem würde es einfallen, jemanden einzuladen, bei ihm selbst zuzusehen. Aber im Fernsehen und Film ist es Gewohnheit geworden. Denn man hat diese Barriere zerbrochen, weil man harte Stimuli braucht. Die Scham wird langsam erstickt.
Sodann kann man das Programm sofort ändern, indem ich einen Knopf drücke. So werde ich langsam kondizioniert keine Anstrengung geistigerweise zu investieren. Die grossen Krisen der Gegenwart werden auf der Couch oder im Sessel ausgretragen. Man ist zu bequem geworden, um ernsthaft den Fragen ins Gesicht zu schauen.
So wie die Muskeln des Körpers erschlaffen, wenn sie nicht benutzt werden (Atrophie) so geht die Dynamik der Psyche langsam in den Eimer bei der heutigen TVkultur. (Du kannst leicht feststellen, ob Deine Gehirn-Dynamik noch funktioniert. Wie? Beantworte die einfache Frage: Wann hast Du zum letzten Mal ein "ernstes" Buch gelesen. Oder noch einfacher: Hast Du die "viiiiiiiielen" Botschaften von Vernunft und Glaube gelesen? Hast Du sie ganz gelesen? Da hast Du's!).
Das was man da schreibt langweilt mich. "Es interessiert mich nicht". Komisch, man kann scharfe und sogar vulgäre Attacken reiten, aber wenn dann nach den Fundamenten nachgefragt wird, dann spannt man aus. Man kann sogar "im Auftrag" aussteigen. (Hat es zu weh getan? Gingen die Filter zu nah an den selbstgestrickten existenziellen Sicherheitgurt?). Nun kann es auch sein, dass die Argumente ausgegagen sind und man schwant, dass die Logik zur objektiven Änderung zwingen wird. Bevor es ernst wird...
Die Konsquenz ist ziemlich einsichtig. Man schwimmt auf der Erlebnisoberfläche mit viel Gefühlen garniert. (Gefühl ist nichts Schlechtes, aber das Gefühl ist blind). Daher kommt auch der Relativismus (schau mal in den Spiegel der Postmoderne). Ich fühle mich gut auf diese Weise. Wenn ich mich nicht gut fühle, dann kann das einfach nicht stimmen. Es ist viel zu anstrengend um eine konsequente Haltung zu ringen, geschweige denn sie durchzutragen. Die Skepsis ist sehr bequem und lässt mir den Spielraum nur nach meinen eigenen Gutdünken mein Universum zu kreieren. Wie es Euch gefällt. Dieser Fundamental-Egoismus lässt nur Teilkonsenze zu, weil der andere ja auch nach seiner Kommodität lebt. Also müssen wir ins Geschäft kommen. Ich lasse dies für Dich und Du lässt das für mich. Der gemeinsame Nenner: Wir sind uns einig, dass wir uneinig sind. Welche Harmonie!
Die Massmedia speisen diese Mentalität. Was verkauft sich? Was leicht Spass macht. Nur ein Problem. Die Sensibilität wird abgestumpft. Man ist nicht mehr fähig das Dinge zu erfahren die nur hinter/unter/über den Dingen zu erspüren sind.
Eine spezielle Variante dieses Filters besteht darin, sich persönlich angegriffen zu geben. Wie kannst Du MIR so etwas sagen? Ich bin ganz anderns und meine Wirklichkeit hat einen anderen kopernikanischen Mittelpunkt: mein Ich. Die dem armen Galilei an den Kragen gingen verteidigten wenistens noch eine religöse Überzeugung, so meinten sie, aber die Modernen verteidigen nur sich und alles muss vor ihrem Richterstuhl. Und wenn der Andere nicht klein beigibt, dann ist er arrogant.
