Wo Petrus ist, da ist die Kirche! (Michael Hesemann)
Die Rede von
Michael Hesemann bei der Pro Papa Kundgebung in Köln: Denn wo Petrus ist, da
ist die Kirche, wie der heilige Augustinus sagte, und da ist Gott.
Liebe Freunde,
keine fünf Jahre sind es her, dass an eben dieser Stelle Papst Benedikt zu
uns allen sprach. Sein Besuch war der Höhepunkt des Weltjugendtages, an dem,
wie ich mir denke, viele von uns teilgenommen haben und noch immer gerne
denken. Es waren Tage, an denen wir echte Freude an unserem katholischen
Glauben verspürten, eine Gemeinschaft mit gläubigen Menschen aus aller Welt,
mit denen wir uns versammelt haben, nicht nur um den Worten des Heiligen
Vaters zu lauschen, sondern, vor allem, um den Herrn anzubeten im
Allerheiligsten Sakrament, um Christus zu begegnen, der mitten unter uns war
und ist.
An diesen Tagen war Köln nicht nur die treue Tochter der römischen Kirche,
wie man es früher so schön nannte, Köln WAR Rom, Köln war das Zentrum der
Weltkirche, denn wo Petrus ist, da ist die Kirche, wie der heilige
Augustinus sagte, und da ist Gott.
Doch was ist seitdem geschehen, dass diese Freude am Glauben vielen unserer
Mitchristen abhanden kam, dass die Begeisterung für den deutschen Papst, die
damals auch die Medienlandschaft erfasste, bei vielen erlosch?
Lag es am Papst, hat er Fehler gemacht? Schnell wird dann auf die Affäre
Williamson verwiesen oder die schlimmen Fälle von Missbrauch durch
katholische Priester. Und ebenso schnell wird vergessen, was wirklich war:
Dass er nie einen Herrn Williamson rehabilitierte, wie in den Medien oft
stand, sondern nur der Gruppe, der er angehörte, der Piusbruderschaft, die
Hand zur Versöhnung reichte, ganz wie es ein guter Hirte mit verlorenen
Schafen handhaben sollte. Und dass er es war, der bei Missbrauch hart
durchgriff, lange bevor das Problem in den deutschen Medien ein Thema wurde.
Denn eben das wollen ja die Kritiker nicht wahrhaben: Ein Priester, der auf
diesem Gebiet schuldig wird, verrät seinen Glauben, verrät seine Kirche, hat
sein Gelübde der Keuschheit gebrochen. Schon deshalb ist es falsch, von
einer Schuld der Kirche zu reden, wo es doch die Schuld Einzelner ist, ihr
innerer Bruch mit der Kirche, der ihr Vergehen bedeutet.
Nein, liebe Freunde, wir können doch Gott dankbar sein für unseren Papst
Benedikt, gerade weil es ihm gelingt, die Botschaft des Evangeliums, die
Botschaft Christi, in die Sprache der Gegenwart zu übertragen, in einer
Klarheit und Schönheit, die beeindruckt. Der aber auch erkennt, woran unsere
Gegenwart krankt: Nämlich am Fehlen dieser Klarheit und Schönheit, an der
Aufgabe der Wahrheit, an einer Fehlorientierung, die er Beliebigkeit,
„Relativismus“, nennt. Sie ist die wahre Krise unserer Zeit, die Ursache
aller Krisen unserer Gesellschaft.
Wenn der Mensch keine Werte hat, dann ist er verloren. Dann treibt er ohne
Ziel und Orientierung durch das Leben. Bei einem Individuum ist das nur
traurig, bei einer Gesellschaft eine Katastrophe. Sie kennt keine gemeinsame
Richtung und keine gemeinsame Verantwortung füreinander und miteinander,
keine Solidarität. Jeder einzelne lebt dann nur noch seine Gier aus, um
jeden Preis. Was ihm im Wege steht, wird weggedrückt: Der Schwächere, der
Mitmensch. Die Achtung vor dem Leben und vor der Schöpfung schwindet. Und
damit auch unsere Zukunft. Da wird der Mensch ohne Werte schnell zum
Unmenschen.
Dem, liebe Freunde, steht das Christentum entgegen, dessen Symbol, das
Kreuz, für das Miteinander steht wie das Plus in der Mathematik. Es ist das
große Plus in unserem Leben. Wir wissen, dass einer sich für uns aufgeopfert
hat und wir werden aufgerufen, für einander einzustehen, ob in der Familie,
der Kirche oder der Gesellschaft. Wer an Gott glaubt, der ist nicht allein,
sagte Benedikt XVI.
Wenn wir diese Gemeinschaft in und mit Christus wiederentdecken, dann finden
wir die Freude auch wieder, die wir in Köln auf dem Weltjugendtag spürten
und sahen in den Gesichtern der vielen Hunderttausend Besucher. Wir finden
sie jede Woche in Rom auf dem Petersplatz, diese Freude am Glauben. Wir
können sie jeden Tag in unserem Leben finden, wenn wir das wiederentdecken,
was unseren Glauben ausmacht: Gemeinschaft im Großen wie im Kleinen, in
Kirche, Gesellschaft und Familie.
Wir Christen sind eine Gemeinschaft, die größte der Welt. Wir müssen unsere
Einheit wiederfinden, denn sie ist unsere Stärke. Und deshalb sollten wir
all dem widerstehen, was dieser Einheit im Wege steht. Denn Gott vereint –
nur der, der gegen Gott ist, spaltet!
Lasst uns also gemeinsam gerade heute, am Tag des hl. Benedikt von Nursia,
unser christliches Europa wiederentdecken, die Werte, auf denen unser
schönes Köln, unser Land und unsere Kultur aufgebaut sind: Gemeinsam, als
Familie, als Kirche, mit dem Heiligen Vater und mit unseren Bischöfen und
Priestern. Wir brauchen keine Rebellen, wir brauchen keine Reformen, die nur
verwässern, woran wir glauben und was wir lieben: Unsere heilige römisch-
katholische Kirche in Gemeinschaft und in treuer Verbundenheit mit unserem
Papst! Wir brauchen ihn, wie eine Familie einen Vater braucht und wir lieben
ihn, wie man einen Vater liebt!
Daher danke ich Ihnen allen, dass Sie den Mut und bei diesen Temperaturen
auch die Kraft gefunden haben, hier Ihren Glauben zu bekennen, ihrer
Solidarität und Verbundenheit mit dem Heiligen Vater Ausdruck zu verleihen,
hier in Köln wie in München.
Stehen wir auch weiter mutig zu unserem Glauben und geben wir anderen ein
Beispiel dafür, was es bedeutet, Christ zu sein: Nämlich füreinander
einzustehen und an ewige Werte zu glauben, die nicht von dieser Welt sind
und nicht den Strömungen der Mode unterworfen sind. Dass wir ein Leben
leben, das nicht dahintreibt, sondern Tiefe hat! Tragen wir unsere Freude am
Glauben wieder offen in die Welt und gewinnen wir damit Stück für Stück all
die Räume zurück, aus denen er bereits verdrängt wurde!
Gott segne das heilige Köln, Gott segne unseren Erzbischof Joachim und Gott
segne unseren Papst Benedikt!