Homilie Papst Johannes Pauls II.
in der Osternacht 2002

"Dies ist die Nacht des Glaubens und der Hoffnung schlechthin"

VATIKAN, 31. März 2002- Homilie, die Papst Johannes Paul II. in der Osternacht gesprochen hat, in der er sieben Erwachsene und zwei Kinder taufte.

* * *

"Gott sprach: Es werde Licht! Und es wurde Licht" (Gen 1,3).

Eine Explosion des Lichtes, die das Wort Gottes aus dem Nichts hervorrief, zerriß die erste Nacht, die Nacht der Schöpfung.

Der Apostel Johannes wird später schreiben: "Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm" (1 Joh 1,5). Gott hat nicht die Finsternis geschaffen, sondern das Licht! Gottes Werk folgt von Anbeginn an einer positiven Zielsetzung. Dies drückt das Buch der Weisheit mit offenbarender Klarheit aus: "Zum Dasein hat er alles geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, das Reich des Todes hat keine Macht auf der Erde" (Weish 1,14).

In jene erste Nacht, die Nacht der Schöpfung, senkt das Ostergeheimnis seine Wurzeln, das nach dem Drama des Sündenfalls die Wiederherstellung und Krönung des Uranfangs darstellt. Das göttliche Wort hat alles ins Dasein gerufen und ist in Jesus Fleisch geworden, um uns zu retten. Und wenn es dem ersten Adam beschieden war, zur Erde zurückzukehren, von der er genommen war (vgl. Gen 3,19), so ist der zweite Adam vom Himmel herabgestiegen, um siegreich dorthin zurückzukehren, als Erstlingsgabe der neuen Menschheit (vgl. Joh 3,13; 1 Kor 15, 47).

2. Eine andere Nacht bildet das entscheidende Ereignis der Geschichte Israels: Es ist der wunderbare Auszug aus Ägypten, dessen Bericht jedes Jahr in der Osternachtfeier vorgetragen wird.

"Der Herr trieb die ganze Nacht das Meer durch einen starken Ostwind fort. Er ließ das Meer austrocknen, und das Wasser spaltete sich. Die Israeliten zogen auf trockenem Boden ins Meer hinein, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand" (Ex 14, 21-22). Das Volk Gottes ist aus dieser "Taufe" im Roten Meer geboren, als es die mächtige Hand des Herrn erlebte, die es der Knechtschaft entriss, um es in das ersehnte Land der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens zu führen.

Das ist die zweite Nacht, die Nacht des Exodus.

Die Prophetie des Buches Exodus erfüllt sich heute auch für uns, die wir dem Geiste nach, dank unserer Abstammung im Glauben von Abraham, Israeliten sind (vgl. Röm 4,16). In seinem Pascha hat uns Christus, als neuer Moses, aus der Knechtschaft der Sünde zur Freiheit der Kinder Gottes gelangen lassen. Nachdem wir mit Christus gestorben sind, erstehen wir durch die Kraft seines Geistes mit ihm zu neuem Leben. Seine Taufe ist zu unserer Taufe geworden.

3. Auch Ihr, geliebte Brüder und Schwestern, Katechumenen aus verschiedenen Ländern - aus Albanien, China, Japan, Italien, Polen, der Demokratischen Republik Kongo -, dürft diese Taufe, die den Menschen zu neuem Leben erweckt, empfangen. Zwei von euch, eine japanische und eine chinesische Mutter, bringen auch ihr Kind mit, so dass in derselben Feier die Mütter zusammen mit ihren Kindern getauft werden.

"In dieser heiligsten Nacht", in der Christus von den Toten auferstanden ist, vollzieht sich für euch ein geistiger "Exodus": Ihr lasst das alte Dasein hinter euch und tretet ein in das "Land der Lebenden". Dies ist die dritte Nacht, die Nacht der Auferstehung.

4. "O wahrhaft selige Nacht, dir allein war es vergönnt, die Stunde zu kennen, in der Christus erstand von den Toten". So haben wir im Osterlob zu Beginn dieser feierlichen Osternacht, der Mutter aller nächtlichen Gottesdienste, gesungen.

Nach der tragischen Nacht des Karfreitags, als "die Macht der Finsternis" (Lk 22, 53) über Den, der "das Licht der Welt" (Joh 8,12) ist, die Oberhand zu haben schien, nach dem großen Schweigen des Karsamstag, an dem Christus nach Vollendung seines irdischen Werkes im Geheimnis des Vaters Ruhe fand und seine Botschaft vom Leben in die Abgründe des Todes trug, da endlich bricht die Nacht an, die "dem dritten Tag" vorausgeht, an dem, nach der Schrift, der Messias auferstehen sollte, wie er selbst es mehrmals seinen Jüngern angekündigt hatte.

"O wahrhaft selige Nacht, die Himmel und Erde versöhnt, die Gott und Menschen verbindet!" (Osterlob).

5. Dies ist die Nacht des Glaubens und der Hoffnung schlechthin. Während alles in Finsternis versinkt, wacht Gott - das Licht. Mit ihm wachen alle, die auf ihn vertrauen und hoffen.

O Maria, dies ist wahrhaftig deine Nacht! Während die letzten Lichter des Samstags verlöschen und die Frucht deines Leibes in der Erde ruht, bleibt dein Herz wach! Dein Glaube und deine Hoffnung schauen nach vorne. Sie sehen, dass hinter dem schweren Felsblock das Grab bereits leer ist; sie erblicken hinter den dicken Schleiern der Dunkelheit die Morgenröte der Auferstehung.

Mutter, lass auch uns wachen im Schweigen der Nacht, im Glauben und in der Hoffnung auf das Wort des Herrn. So werden wir in der Fülle des Lichtes und des Lebens, Christus, der Erstlingsgabe der Auferstandenen, begegnen, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Halleluja!

[Deutsche Übersetzung des italienischen Originals vom Pressesaal des Heiligen Stuhls zur Verfügung gestellt]

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