Dann mach doch die Bluse zu. Ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn des Feminismus: 'Ich bin es leid, mich zu entschuldigen!'
„Die
Kriegerinnen an der Feminismus-Front strafen jeden ab, der nicht mitzieht
bei der Befreiung der Frau“ – Leseprobe aus Birgit Kelle neuem Buch „Dann
mach doch die Bluse zu. Ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn“
Asslar. Frauenthemen haben ein wirklich schlechtes Image: langwierig, zäh,
spaßfrei. Das Gesicht zur Faust geballt, kommen die Kriegerinnen an der
Feminismus-Front daher und strafen jeden ab, der nicht mitzieht bei der
Befreiung der Frau oder jedenfalls bei dem, was sie dafür halten. Im Zweifel
gilt das auch für Geschlechtsgenossinnen, wenn sie einfach unbelehrbar sind.
Warum dieses Buch? Ich bin es leid, mich zu entschuldigen. Denn sich
zumindest ein bisschen schlecht zu fühlen, ist Mindestmaß für eine Hausfrau
und Mutter in Deutschland. Sich schlecht zu fühlen, weil man kein Problem
mit Männern im Allgemeinen und dem Ehemann im Speziellen hat, der die
Familie ernährt. Sich schlecht zu fühlen, weil man „nur“ Hausfrau und Mutter
ist, statt sich in die höheren Weihen einer Karriere zu begeben, und das,
obwohl man doch bestens dafür ausgebildet wäre. Sich schlecht zu fühlen,
weil man darauf beharrt, die Kinder selbst großzuziehen, anstatt sie in
einer staatlichen Betreuungsstelle abzugeben. Sich schlecht zu fühlen, weil
man durch sein Handeln das große Frauenkollektiv mit einer altmodischen
Daseinsform als Ehefrau und Mutter behindert.
Ich bin gern Frau, und ich bin gern Mutter, aber ich habe mein Leben nie so
geplant. Vier Kinder überstiegen in der Tat meine Vorstellungskraft als
21-Jährige und waren in meiner gedachten Zukunft niemals vorgesehen. Nun ist
es anders gekommen, und das ist auch gut so. Heute bin ich 38 und habe
turbulente, aber auch unfassbar schöne 14 Jahre hinter mir, in denen ich
Mutter von inzwischen vier Kindern bin. Niemand hätte mir dieses Glück
vorher beschreiben oder gar anpreisen können; man muss es selbst erfahren.
Vor der Geburt meiner Kinder hatte ich mich noch nie mit Fragen des
Feminismus oder gar mit Frauenrollen auseinandergesetzt, gehörte ich doch zu
der glücklichen Generation junger Frauen, die sehr selbstverständlich mit
dem Gedanken groß wurde, dass wir alles können, was wir wollen. Bad girls go
everywhere! Was ich nicht wusste: Muttersein stand nicht auf dieser Liste.
Erst von anderen Frauen habe ich erfahren müssen, dass ich mit meinem
Lebensentwurf eine gescheiterte Existenz darstelle.
Aus feministischer Sicht bin ich eine wirklich traurige Gestalt, die über
ihren Kindern gluckt, ihnen selbst gekochtes Essen aufzwingt, und das auch
noch zu Hause! Ich bin es leid, das immer wieder zu erklären, zu
entschuldigen, zu rechtfertigen. Es ist mein gutes Recht, mein Leben so zu
leben, wie es mich glücklich macht. Ich habe nur dieses eine. War der
Feminismus nicht einst dafür eingetreten, dass ich genau das machen darf?
Leben, wie ich es will? Was ist passiert auf dem Weg der gleichen Rechte für
alle? Denn, voilà, liebe FrauenrechtlerInnen, hier bin ich, auch wenn ihr es
nicht wahr-haben wollt und ich in euren Augen alles falsch mache. Und das
Beste ist: Es gibt Hunderttausende Frauen wie mich in diesem Land. Frauen,
die gern Frauen sind, es gern zeigen und das auch nicht ständig diskutieren
müssen. Mütter, die gern Mütter sind und wegen der Mutterschaft auch gern
mal lange aus dem Beruf aussteigen.
Sie alle haben in Deutschland keine echte Lobby. Der gängige Feminismus à la
Alice Schwarzer, Bascha Mika, Elisabeth Badinter bis hin zu Simone de
Beauvoir hat gerade die Mütter auf der Strecke gelassen. Eine Frau, die sich
als Mutter begreift oder, Gott behüte, als Hausfrau, kann abdanken. Die
einen werfen ihr vor, sie sei nicht emanzipiert, die anderen, sie sei faul,
die Dritten, sie würde sich aus ihrer Eigenverantwortung als Frau stehlen
und von einem Mann aushalten lassen. Nicht zuletzt bleibt sogar der Vorwurf,
sie würde durch ihr rückständiges Verhalten die Emanzipation ihrer
Geschlechtsgenossinnen verhindern.
Ein „Backlash“ droht: zurück ins Mittelalter oder zumindest bis an den Herd.
Einfach nur, weil die jungen, undankbaren Dinger bei den Errungenschaften,
die man für sie erkämpft hat, nicht mitziehen! Mehr noch: sie mit Füßen
treten! […]
Ich fand mich plötzlich in der 'Heimchen am
Herd'-Ecke wieder
ch fühlte mich nie berufen, in den Kampf zu ziehen. Schon gar nicht
in einen feministischen. Ich bin auf keiner Mission, und ich will Sie auch
nicht überzeugen, meinen Weg zu teilen. Als ich damit anfing, über das
Frausein an sich nachzudenken und zu schreiben, war es zunächst eher eine
persönliche Reflexion. Den Zeitpunkt meines Umdenkens in der Sache kann ich
sehr genau festmachen: Ich wurde Mutter. Das erste Mal. Und plötzlich hatte
ich die Erkenntnis, dass sich das, was man mir bislang über das Frausein
gesagt hatte, was man mir versprochen hatte, auf einmal nicht mehr in
Einklang bringen ließ mit den Reaktionen, die ich auf mein verändertes Leben
als Mutter bekam. […]
Ich wurde also Mutter und zum ersten Mal in meinem Leben musste ich mich für
eine Entscheidung als Frau rechtfertigen. Mein freier Wille reichte als
Argument nicht mehr aus. Ich fand mich plötzlich in der „Heimchen am
Herd“-Ecke wieder, zu der ich mich selbst vorher nie gezählt hätte. Nun war
ich aber eine von ihnen und das auch noch freiwillig. Ich begab mich auf
direktem Weg in die finanzielle Abhängigkeit von meinem späteren Ehemann, es
war für mich selbstverständlich, gar nicht groß überlegt. Mehr ein
Bauchgefühl, voller Vertrauen, das am Ende immer alles gut wird.
Naiv, blöd, leichtsinnig. Ungefähr in die Richtung tendieren heute die
Kommentare über Frauen, die das Gleiche tun wie ich vor gut 14 Jahren. Die
ihre finanzielle Selbstständigkeit und ihren Beruf aufgeben, um sich den
Kindern und der Familie zu widmen. Die meisten Frauen haben es längst
aufgegeben, sich in solchen Debatten zu wehren. Meistens sagen sie gar
nichts mehr dazu. Die Schweigespirale hat auch hier ihre volle Wucht
entfaltet. Ich habe damals angefangen, zu diesem Thema zu schreiben und zu
veröffentlichen. Es machte mich wütend, es brachte mich in Rage, ich konnte
es einfach nicht für mich behalten. […]
Wir schlittern in eine Diktatur des Feminismus'
„Mussten wir uns früher von Männern erklären lassen, was das Richtige ist,
müssen wir uns das heute von anderen Frauen gefallen lassen.“
Wir schlittern in eine Diktatur des Feminismus, der allen Frauen nur einen
einheitlichen Weg zugesteht. Mussten wir uns früher also von Männern
erklären lassen, was das Richtige für uns Frauen ist, müssen wir uns das
heute von anderen Frauen gefallen lassen. Schon längst verlaufen die Fronten
nicht mehr Mann gegen Frau, sondern Frau gegen Frau. Mussten wir einstmals
darum kämpfen, aus dem bürgerlichen Leben ausbrechen zu dürfen, müssen wir
heute darum ringen, in diesem bleiben zu dürfen. Mussten wir früher darum
kämpfen, berufstätig sein zu können, müssen wir heute dafür streiten, bei
unseren Kindern bleiben zu dürfen.
Ein glückliches Dasein als Mutter und Ehefrau ist auf diesem Weg einfach
nicht vorgesehen. Ganz im Gegenteil, es ist sogar ein Verrat an der
Frauensache. Es unterwandert die Bestrebung, alle Frauen sozusagen ins Licht
zu führen. So schrieb etwa die amerikanische Feministin und
Politikwissenschaftlerin Jane Mansbridge realistisch: „Wenn auch nur zehn
Prozent aller amerikanischen Frauen Hausfrauen bleiben, so würde dies die
traditionelle Sichtweise auf das, was Frauen tun sollen, bestärken und
andere Frauen ermutigen, ebenfalls Hausfrauen zu sein, zumindest, wenn ihre
Kinder klein sind … Dies bedeutet, wie auch immer eine einzelne Feministin
über Kindererziehung oder Hausarbeit denkt, so hat doch die Bewegung als
Ganzes viele Gründe, Frauen von der Vollzeit-Hausarbeit abzubringen.“
Noch Fragen? Es darf eben nicht sein, was nicht sein soll. Ich dürfte mich
doch der Frauenbewegung anschließen, bekam ich einmal von einer Leserin zu
hören, die sich selbst als „Feministin der ersten Stunde“ bezeichnete, was
auch immer das sein mag. Ja, ich dürfte mich doch in meinem Kampf für das
Glück von Müttern netterweise anschließen, oder besser gesagt hinten
anstellen bei der großen feministischen Sache. Was sie und auch viele andere
Frauen dieser Generation offensichtlich nicht einmal ansatzweise begriffen
haben: Ich bin längst Teil der Frauenbewegung, ich bewege mich nur in eine
andere Richtung. Ob ich mich als Feministin betrachte, wurde ich einmal in
einer TV-Runde gefragt. Ich musste es verneinen, weil der Feminismus einfach
zu intolerant ist. Wie könnte ich mich denn einem Feminismus anschließen,
der einen Großteil der Bevölkerung und vor allem mich selbst bei seinen
Forderungen ausschließt?
Das hat mir wohl den Titel Anti-Feministin eingebracht, der inzwischen gerne
benutzt wird, um gleich meine feindliche Gesinnung als Verräterin der
Frauenfront offenzulegen. Allerdings, auch das würde ich verneinen, denn ich
kämpfe nicht gegen, sondern für etwas. Für das Recht von Frauen, sich ihren
Lebensweg selbst auszusuchen. Und vor allem für das Recht von Müttern,
einfach glücklich Mütter sein zu dürfen. War es nicht ursprünglich das, was
der Feminismus vorhatte? […]
(Asslar
(kath.net))
Buchtipp:
Dann mach doch die Bluse zu
Ein Aufschrei gegen den Gleichheitswahn
Von Birgit Kelle
Gebundene Ausgabe, 192 Seiten
2013 Adeo
ISBN 978-3-942208-09-3
Preis 18.50 EUR