Fünfftes Buch
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Alls kombt auß einem her / und muß in Eines ein: |
2. Wie die zahlen auß dem Eins / so die Geschöpffe auß GOtt.
Die zahlen alle gar sind auß dem Eins geflossen; |
3. GOtt ist in allen wie die Einheit inn Zahlen.
Gleich wie die Einheit ist in einer jeden Zahl; |
4. Nichts kan ohn das Eins bestehn.
Wie all' und jede zahln ohns eines nicht bestehn; |
5. Die Nulle gilt vornen an nichts.
Das Nichts die Creatur / wenn sichs Gott vorgesetzt / |
6. Jm Eins ist alles Eins.
Jm Eins ist alles Eins: kehrt zwey zu ruck hinein / |
7. Alle Heiligen sind ein Heiliger.
Die Heilgen alle sind ein Heiliger allein: |
8. Die geheime Kronenzahl.
Zehn ist die Kronenzahl; sie wird aus eins und nichts: |
9. Es muß ein jeder Christus seyn.
Der wahre GOttes Sohn ist Christus nur allein: |
10. GOttes Pallast.
GOtt ist Jhm selbst sein Thron / der Himmel ist sein Saal / |
11. Die Sünd' ist allein das übel.
Kein übel ist alß Sünd': und wären keine Sünden / |
12. Ein wachendes Auge siehet.
Das licht der Herrligkeit scheint mitten in der Nacht / |
13. Das jrrdische Gutt ist ein Mist.
Das jrrdsche Gutt ist Mist; die Armen sind der Akker: |
14. Der außgang geschieht umb den eingang.
Kein außgang der geschieht / als umb deß eingangs willen: |
15. Verdamnüß ist im wesen.
Könt' ein Verdambter gleich im höchsten Himmel seyn: |
16. Durch dich entwird GOtt nichts.
Mensch wöhle was du wilt Verdamnüß oder Ruh: |
17. Das gröste Wunder.
Der Wunder hat es viel / kein grössers kan ich sehen / |
18. Die geistliche Jahrszeiten.
Der Winter ist die Sünd / die Busse Frülingszeit / |
19. Auch von demselben.
Jm Winter ist man todt / im Früling steht man auf / |
20. Der steiffe Felsenstein.
Ein tugendthaffter Mensch ist wie ein Felsenstein: |
21. Der Sünd' und Tugend eigenschafft.
Die Busse rüchet wol / die Sünden alle stincken: |
22. Die Keuschheit bleibt verschlossen.
Die Keuschheit ist ein Schloß das niemand auf kan schliessen. |
23. Die zeit die ist nicht schnell.
Man sagt die Zeit ist schnell: wer hat sie sehen fliegen? |
24. GOtt sieht man nicht mit Augen.
Wann du denkst GOtt zu schaun / bild dir nichts sinnlichs ein: |
25. Was das beste an der Seeligkeit.
Was an der Seeligkeit mein Hertz fürs best' erkiest / |
26. GOtt wird wie wir.
GOtt gibt dir wie du nimbst / du selbst schenkst auß und ein / |
27. Die Wegescheide zur Ewigkeit.
Die Wegescheid' ist hier: Wo lenkstu dich nu hin? |
28. Was GOtt den Tag durch thut.
Des Morgens geht GOtt auß / zu mittag schläffet er / |
29. Man muß die Tieffe auf der Höhe betrachten.
Ein ungrund ist zwar Gott / doch wem er sich soll zeigen / |
30. Der Teuffel der ist gut.
Der Teuffel ist so gutt dem wesen nach als du. |
31. Die ichheit und verläugnung.
Der ichheit ist GOtt feind / verläugnung ist er hold: |
32. Der eigene Wille stürtzt alles.
Auch Christus / wär' in jhm ein kleiner eigner Wille / |
33. Wenn GOtt am liebsten bey uns ist.
GOtt dessen wollust ist bey dir O Mensch zu seyn / |
34. GOtt liebt nichts als sich.
GOtt hat sich selbst so lieb / bleibt jhm so zugethan; |
35. GOtt kan mehr viel als wenig.
Nichts ist das GOtt nicht kan. Hör Spötter auf zulachen. |
36. Viel Götter / und nur einer. 1. Cor. 8. 5.
Ein einger GOtt / und viel / wie stimbt diß über ein? |
37. GOtt schaut auf den Grund.
GOtt schätzt nicht was du guts / nur wie du es gethan: |
38. GOtt bricht vonn Disteln Feigen.
GOtt list vonn Dornen Wein / vonn Disteln bricht er Feigen / |
39. Die Seeligen sind nie satt.
Die Seelgen dürffen sich daß sie nie satt sind freun! |
40. Christus ist ein Felß.
Wer sich an Christum stöst / (er ist ein Felßenstein) |
41. Je mehr erkandnüß je weniger verstandnüß.
Je mehr du GOtt erkennst / je mehr wirstu bekennen / |
42. GOtt muß sich selber lieben.
GOtt ist das höchste Gutt / er muß jhm selbst gefallen / |
43. Wie GOtt so sehr gerecht.
Schau GOtt ist so gerecht: Wär' etwas über jhn / |
44. GOtt liebt sich nicht als sich.
GOtt liebt sich nicht als sich / nur als das Höchste gut / |
45. Die Laster scheinen nur.
Die Laster gehn bekleidt / die Tugend stehet Bloß / |
46. Du bist der erste Sünder.
Schweig Sünder / schreyhe nicht dir Ev' und Adam an: |
47. Der Geistliche Feuerzeug.
Mein Hertz ists Feuerzeug / der Zunder gutter Wille: |
48. Eins kans nicht ohn das andre.
Zwey müssen es vollziehn: ich kans nicht ohne GOtt / |
49. Die schönste Weißheit.
Mensch steig nicht allzu hoch / bild dir nichts übrigs ein: |
50. GOtt ist nicht tugendhafft.
GOtt ist nicht tugendhaft: Auß jhm kombt tugend her / |
51. Nach GOtt ist alles gebildet.
GOtt ist von anbegin der Bildner aller dinge / |
52. Du must der Himmel seyn.
Jnn Himmel komst du nicht / (laß nur von dem getümmel) |
53. Die ewige Erwählung.
GOtt wählt dich wie du bist: Böß ist bey jhm verlohrn / |
54. Der Tugenden und Laster beschaffenheit.
Die Tugend liegt in ruh / die laster stehn im streit: |
55. GOtt strafft nicht die Sünder.
GOtt strafft die Sünder nicht. Die Sünd' ist selbst jhr Hohn / |
56. GOtte thut deine Verdamnüß nicht weh.
Der Sonne thuts nicht weh / wenn du von jhr dich kehrst / |
57. Wann du wilt / wirstu seelig.
GOtt läst dich jede zeit gar gern inn Himmel ein: |
58. Wie du bist / so wirstu gewürket.
Die Sonn erweicht das Wachß / und machet hart den Koth. |
59. Herren gunst wehret jmmer.
Daß Herrn gunst ewiglich / und nicht nur kurtz bestehe / |
60. Der Weg zum Himmel.
Wenn du mein Pilger wilt inn Himmel dich erhöhen / |
61. Alles ist vollkommen.
Mensch nichts ist unvolkommn: der Kieß gleicht dem Rubin: |
62. Des Menschen gröster Schatz.
Der gröste Schatz nach GOtt ist gutter will' auf erden: |
63. Bey GOtt sind keine Jahre.
Für GOtt sind tausend Jahr wie ein vergangner Tag. |
64. Wir dienen uns / nicht GOtt.
Mensch / GOtt ist nichts gedient / mit fasten bethen wachen: |
65. GOtt kan sich nicht verbergen.
GOtt kan sich nimmermehr verbergen wie du sprichst: |
66. GOtt ist in unß selbst.
GOtt ist so nah bey dir mit seiner Gnad und Gütte / |
67. Wie weit der Weg inn Himmel.
Christ schätze dir die Reiß inn Himmel nicht so weit: |
68. Der weise begehrt nicht inn Himmel.
Der Weise wann er stirbt / begehrt inn Himmel nicht: |
69. Deß bösen und gutten Unterscheid.
Ein Jrrliecht ist der böß': ein gutter Mensch ein stern: |
70. Man darff nicht viel zur Seeligkeit.
Christ du bedarffst / nicht viel zur ewgen Seeligkeit: |
71. Die Buß' ist leicht zu thun.
Die Buß' ist bald gethan / daß dich GOtt loß muß sagen / |
72. Gott ist allem gleich nahe.
GOtt ist dem Belzebub nah wie dem Seraphim: |
73. GOtt kan sich nicht entziehn.
GOtt kan sich nicht entziehn / er würket für und für. |
74. Jn der Hölle ist keine Ewigkeit.
Betracht' es eigendlich: bey GOtt ist Ewigkeit / |
75. Nichts besteht ohne genuß.
Nichts dauret ohn genuß. GOtt muß sich selbst geniessen: |
76. Wie die Gesellschafft / so der Geselle.
Zu wem du dich gesellst / deß wesen saufstu ein: |
77. An den Sünder.
Du schreiest auf den Dieb / und schiltst jhn unverholen: |
78. Warumb wenig zur Thür deß Lebens eingehn.
Daß nach der Himmelthür so wenig Menschen greiffen! |
79. Am Creutz am sichersten.
Man ligt am seeligsten in Leyden Creutz und Pein: |
80. Die Armut ist am Reichsten.
Die Armuth ist ein Schatz dem keine Schätze gleichen. |
81. Jm Reinen erscheinet GOtt.
Mensch dänkstu GOtt zuschaun / dort oder hier auf Erden: |
82. Am Creutz ist die lieb' am Liebsten.
Sag wo die Liebe wird am liebesten gefunden? |
83. Freud' und Leid beysammen.
Ein Christ erfreuet sich in Leyden Creutz und Pein: |
84. Eins wissen hat den Preyß.
Viel wissen blähet auf: dem geb ich lob und preyß / |
85. Wer nichts weiß / ist geruhig.
Hätt' Adam nie vom Baum der wissenschafften gessen / |
86. Der Schöpffer im Geschöpffe.
Die Schöpffung ist ein Buch; Wer's weißlich lesen kan / |
87. Eins ist das beste Buch.
Viel Bücher viel beschwehr: Wer eines recht gelesen / |
88. Du must dich über setzen.
Der Leib muß sich inn Geist / der Geist inn Gott erheben / |
89. Du must es hier erwerben.
Hier muß es seyn gethan: jch bilde mir nicht ein / |
90. Nichts zeitlich ist in GOtt.
Ein Augenblik ist kurtz: Noch kan ich kühnlich sagen / |
91. Jn welchem Jahr die Welt erschaffen.
Da GOtt die Welt erschuf / waß schrieb man für ein Jahr? |
92. GOtt siht nichts zuvor.
1) GOtt sihet nichts
zuvor: Drumb leugstu wenn du jhn |
93. GOtt kan nicht zörnen.
GOtt zörnet nie mit unß / wir dichtens jhm nur an: |
94. GOtt ist nicht beweglich.
Wer saget daß sich GOtt vom Sünder abewendt / |
95. Was GOtt den Seeligen und Verdambten ist.
GOtt ist den Seeligen ein ewger freuden Gast / |
96. Das Höllische brennt nur.
Die Hölle schadt mir nichts / wär' ich gleich stäts in jhr; |
97. Der weise klagt nur Sünde.
Der Weise wann er sol von Pein und Unglük sagen |
98. GOtt kan dem Willn nicht steuren.
Nichts stärkers ist als GOtt: doch kan er nicht verwehren
/3) |
99. Was GOtt gern jsset.
GOtt jsst die Hertzen gern: Wiltu jhn stattlich speisen / |
100. Wie GOtt das Hertz wil zubereitet haben.
Wie Kocht man Gott das Hertz? Es muß gestossen seyn / |
Jn Gott ist kein vor oder darnach sehen: sondern Er siehet von Ewigkeit alles
gegenwertig für jhm / wie es geschiehet / nicht wie es geschehen wirdt oder geschehen ist.
Merk. Gott wendet sich nicht ab / sondern der Sünder wendt sich von Gott.
Durch seine vorhin der Seelen eingeschaffene gewalt. Er kan aber wol verhindern daß der Wille das Werk nicht verbringe / welches er wil.
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