Minirock, High-Heels und das Katholische: Glaube und Mode
19. Februar 2013, 12:30
Jede Frau signalisiert mit ihrer Kleidung etwas, ihr Gewand ist Teil
ihres Charakters. Man muss sich gewärtig sein, dass ein äußeres
Erscheinungsbild auch mit dem Glauben, den man repräsentiert, verbunden wird
- Ein Kommentar von Victoria Fender Wien (kath.net/vf)
Szenario 1: Fräulein Biedermann
Vor kurzem nahm ich an einem katholischen Jugendtreffen teil. Ich
saß gemütlich am Boden, als sich plötzlich eine junge Frau neben mir
niederließ. Sie hatte nicht gerade die Figur eines Models, ihr ungepflegtes
Haar trug sie mit einem Band lieblos im Nacken zusammengebunden. Sie war
eingehüllt in ein weißes „Baumwollleiberl“, das aussah, als wäre es das
Sportshirt ihres Vaters. Gekonnt verdeckte es jede Form von Weiblichkeit an
ihrem Körper. Der Saum des schwarzen Rockes umspielte ihre Knöchel, weiße
Sportsocken blitzten am Rande ihrer Sportschuhe hervor und konnten die
unrasierten Beine nicht verstecken. Geschminkt war sie überhaupt nicht. Die
Botschaft lautete: Ich bin katholisch, wichtig ist nur, was in mir drin ist.
Stil ist was für oberflächliche Heidenkinder, die das Licht des Glaubens
noch nicht entdeckt haben und sich deswegen mit so weltlichen Dingen wie dem
unwichtigen Äußeren abgeben müssen.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Es liegt mir fern, jemanden auf Grund
seines Äußeren in eine Schublade stecken oder zu verurteilen. Bloß wurde ich
in diesem Augenblick sehr nachdenklich, beinahe etwas traurig. Muss man
unvorteilhaft aussehen, um katholisch sein zu können? Oder sich hässlich
herrichten? Wer hat diese Vorstellungen von katholischen Frauen proklamiert?
Der Mensch ist eine Einheit aus Leib und Seele
Heutzutage wird Katholizismus oft mit extrinsischem Keuschheitsgetue,
Prüderie und Frigidität gleichgestellt. Es gibt tatsächlich einige, die
glauben, dass der Leib weniger wert ist als der Geist. Diese Irrlehre stammt
ursprünglich von Platon, der den Leib als Gefängnis der Seele bezeichnete.
Der Philosoph vertrat den Dualismus; er befand, dass der Leib unwichtig und
die Seele das Wesentliche sei. Der Körper sei demnach bloß eine Hülle, eine
Wohnung, ein Kerker der Seele.
Aristoteles aber, ein Schüler Platons, überwand diesen Dualismus und
erkannte Körper und Geist als unterschiedliche, aber unzertrennliche
Blickpunkte desselben Menschen. Das eine kann nicht ohne das anderen
existieren, deswegen ist beides gut und notwendig, beide Teile verdienen
Respekt und Achtung. Diese Lehre von Aristoteles wurde ungefähr 1600 Jahre
später von Thomas von Aquin christianisiert und von der Kirche für richtig
befunden.
Die Kirche ist nicht leibfeindlich
Unser Glaube sagt: der Mensch ist eine Einheit aus Körper und Geist, er ist
ein beseelter Körper beziehungsweise eine verkörperte Seele, und beides ist
in sich wertvoll und gut, denn beides wurde uns von Gott geschenkt. Der Leib
ist Ausdruck der Seele. Deswegen ist es nicht egal, wie der Leib aussieht,
weil er mehr als eine Hülle des Eigentlichen ist.
Wir kommunizieren mit unserem Leib und die anderen nehmen uns durch diesen
wahr. Manchmal können wir in den Augen eines anderen Menschen seine Seele
erkennen. Deswegen ist der Körper nicht bedeutungslos, ihn herabzuwürdigen
wäre demnach unchristliche Leibfeindlichkeit.
Unsere Haltung und Kleidung, auch unser Schmuck oder die Art, sich zu
schminken, sagt sehr wohl sehr viel über unsere Seele aus. Wenn ich meinen
Leib pflege, dann pflege ich auch meine Seele.
Der Leib ist nicht nur eine Ansammlung von Zellen, sondern viel mehr: er ist
der Tempel des Heiligen Geistes.
Schönheit als Akt der Nächstenliebe
Es stellt auch einen Akt der Nächstenliebe dar, sich um ein ansehnliches
Aussehen seiner selbst zu bemühen. Der erste Eindruck ist nicht
unwiderruflich, aber er prägt. Wer empfindet es nicht als angenehmer, mit
einer Person zu plaudern, die gepflegt und hübsch hergerichtet ist?
Paulus schrieb im ersten Korintherbrief (1. Kor 7,34) über die Ehefrau: „Die
Verheiratete aber sorgt sich um die Dinge der Welt, wie sie ihrem Mann
gefalle.“ Die Frau darf sich nicht vernachlässigen, besonders die Ehefrau
nicht. Wenn wir einen „staatstragenden“ Besuch erwarten, stylen wir uns auf,
für den Ehemann jedoch, der doch der wichtigste Mensch auf Erden und die
große Liebe des Lebens sein sollte, entledigen wir uns manchmal nach ein
paar Jahren nicht einmal mehr der Jogginghose.
Repräsentation des Glaubens nach außen – Apostolische Wirkung
Jede Frau signalisiert mit ihrer Kleidung etwas, ihr Gewand ist Teil ihres
Charakters. Man muss sich gewärtig sein, dass sein äußeres Erscheinungsbild
auch mit dem Glauben, den man repräsentiert, verbunden wird. Somit sind
katholische Frauen eben auch ein Aushängeschild für den Katholizismus. Das
äußere Erscheinungsbild ist ein nonverbales Statement, ein Signal für eine
gewisse Einstellung, für eine bestimmte Lebensweise.
Kleidung kann widerspiegeln, ob ich einen natürlichen, einen verkrampften
oder einen gleichgültigen Zugang zu meinem Körper habe, ob ich mir zu viele
oder zu wenige Gedanken über mein Aussehen mache. Und das Extreme ist meist
nicht gut.
Modetrends
Mode kann Frauen in eine unangenehme Lage versetzen. Besonders junge Frauen
fühlen sich im Trenddschungel oft verloren und eifern lieber dem Mainstream
nach, statt den eigenen Stil zu finden. Weiters steht nicht jedem alles. Es
ist nichts dagegen einzuwenden, Experimente zu wagen und Neues
auszuprobieren, solange der Trend zu mir passt.
Man muss seinen Körper kennen. Es macht einen Unterschied, ob ich eine
sportlich androgyne Figur habe, aufgrund welcher ich mit einem Minirock
etwas mehr von meinen sehnigen Muskeln zeigen kann, oder ob ich eher zur
Kategorie Barock-Engerl zähle und ein selbst kleiner Ausschnitt bereits
große Wirkung zeigt.
Szenario 2: Die volle Auslage
Es war kurz vor zwei Uhr nachts. Vor einer In-Discothek in der Wiener
Innenstadt drängten sich die Massen. Neben mir stand ein Mädchen:
Modelfigur, Endlosbeine, dunkles volles Haar, bildhübsch. Sie trug einen
Hauch von Nichts, einen Minirock, der eher als Gürtel durchgegangen wäre und
14 cm High-Heels.
Dieses Mädchen überspielte ihre Unsicherheit durch Äußerlichkeit und zeigte
ihren Körper letztlich aus ich-haften Motiven.
Viele junge (und manchmal auch ältere) Frauen bedienen sich ihrer Reize, um
ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Die Blicke, die an ihnen haften, geben
ihnen das Gefühl, (zumindest für diese Nacht) bewundert und begehrt zu sein.
Doch das ist oft bloß kurzfristige Befriedigung, die langfristigem Glück
vorgezogen wird. Dann ist dies bloß ein billiger Erfolg.
Selbstbewusstsein durch Gotteskindschaft
Doch als Katholikin sollte allein das Wissen um die Gotteskindschaft jeden
Selbstzweifel aus dem Weg räumen. Gott wollte mich so, wie ich bin und von
Gott kommt alles Schöne.
Ich muss meine eigenen Reize nicht zur Selbsterhöhung einsetzen, sondern
kann gelassen aus Liebe zum Nächsten und vielleicht besonders zum eigenen
Mann auf mein äußeres Erscheinungsbild achten.
Kleidung als Schutz der Intimität
Ich kann aber meinen Leib auch missbrauchen, indem ich für billige
Kurzzeiteffekte Intimitäten preisgebe. Schamgefühl hat nichts mit Ekel zu
tun, sondern mit Intimität, mit Innerlichkeit, die man nur einem besonderen
Menschen (als Frau dem eigenen Mann) schenkt. Wer keinen Zugang zur eigenen
Innerlichkeit hat, der hat kein Sensorium, welchen Schaden eine wahllos
veräußerlichte Intimität im Inneren anrichtet. Aber auch das Vernachlässigen
oder auch nur bloße Verhüllen des Leibes ist, so betrachtetet, eine
Respektlosigkeit, weil ich damit gleichzeitig auch die Seele vernachlässige
bzw. verhülle.
Übrigens: Heute ist das Mädchen mit Minirock mit einem meiner Freunde
zusammen. Sie kleidet sich inzwischen unglaublich stilvoll, ein Mix aus
verspielt und kokett. Aus Liebe zu ihrem Freund, dem es nicht gefallen hat,
dass sie von anderen Männern wie Frischfleisch angestarrt wurde.