Programmdirektor
des Katholikentags
Antwort auf:
"Pornofilm
als katholische Ehevorbereitung?"
Sehr geehrter Pater Müller,
der Katholikentag war ein Fest des Glaubens
und der
Kirchengemeinschaft. Täglich über 30.000
Menschen waren in
Ulm, um gemeinsam zu beten und feiern, sich
zu begegnen und ins
Gespräch zu kommen. Allerseits wird
anerkennt, das der
Katholikentag ein großes, tiefgründiges
geistliches Ereignis
war.
Dass in verschiedenen Veranstaltungen
Personen auftreten, die
kirchlich umstritten sind, widerspricht dem
nicht. Katholikentage
haben auch die Aufgabe einer
Positionsbestimmung von Kirche in der
Gesellschaft und von Kirche als
vielschichtiger Glaubensgemeinschaft
auf dem Weg. Darum laden wir Politiker und
Wissenschaftler,
Kirchenkritiker und Fernstehende, um im
Gespräch unsere Postionen
neu zu bestimmen, denn vieles ist ja im
Fluss, wenn man nur an die
Entwicklungen in der Biothik denkt, um
Positionen zu festigen und
nach außen zu verdeutlichen.
Wir sind überzeugt, dass diese Form des
Dialogs für unsere
Gesellschaft und unsere Kirche wichtig ist
und nicht im Widerspruch
steht zu festen Überzeugungen, die wir im
Gespräch auch nicht
preisgeben.
Zu Ihrer Bemerkung zu den drei Namen
Drewermann, Gaillot und Küng.
Zunächst muss festgehalten werden, dass die
Veranstaltung mit
Drewermann und Gaillot eine Veranstaltung
der Leserinitiative der
Zeitschrift Publik-Forum war. Hans Küng war
in ein
Podiumsgespräch
mit Kardinal Lehmann und Frau Laurien
eingebunden, seine Aussagen
standen nicht unkommentiert im Raum. Es
hörten 6.000 Menschen zu.
Mein persönlicher Eindruck ist, dass es für
viele ein
Hoffnungszeichen ist, dass in der Kirche
plurale Meinungenmöglich
sein können und auch Kritik möglich sein
kann. Es war zu
spüren, dass nicht nur Hans Küng sondern
viele Gläubige
und selbst Kardinal Lehmann unter der
traurigen Tatsache leiden,
dass vieles vom Geist des Konzils verloren
gegangen ist. Die
Veranstaltung beschäftigte sich ja mit 40
Jahren
Kirchenkonstitution.
Um so zuversichtlicher stimmte der Kontext
und wie bei jeder guten
Exegese darf auch beim Katholikentag nicht
eine einzelne
Veranstaltung aus dem Gesamtprogramm
isoliert werden. Die
Gesamtkirche hat die Zusage der Kraft
Gottes und wird auch durch
Schwachstellen nicht untergehen. Vom
Katholikentag geht insgesamt
ein großartiges Glaubenszeugnis aus. Der
Katholikentag hat gerade
auch tausende junger Menschen erreicht, die
Glaube und Kirche in den
vielen Gottesdiensten, Werkstätten und
Angeboten als lebendig,
offen und zukunftsfähig erlebt haben. Als
Vater von zwei Kindern,
die den Katholikentag intensiv miterlebt
haben, bin ich glücklich
über deren Eindruck. Sie sagen mir, dass
sie froh und stolz sind,
zu dieser katholischen Kirche zu gehören.
Vielleicht sollten wir mehr Gnade walten
lassen. Vielleicht sollten
wir den Herrn der Ernte letztlich
entscheiden lassen, was Unkraut und
was Gutkraut ist. Vielleicht sollten wir
nicht richten, damit wir
nicht gerichtet werden. Vielleicht sollten
wir aus der Unheilsseite
unserer Kirchengeschichte lernen, die
manche falsche Verurteilung
kennt, für die sich später die Kirche
entschuldigen muss.
Vielleicht sollten wir mehr Raum für
Suchende lassen. Vielleicht
sollten wir nicht vergessen, dass
katholische umfassend heißt.
Vielleicht sollten wir auf unseren Herrn
schauen, der gerade die
Sünder in seine Nähe gerufen und sie durch
Eingrenzung statt
durch Ausgrenzung gewonnen hat. Vielleicht
sind ja manche, wie es
Kardinal Lehmann über Hans Küng gesagt hat,
auf ihre Art ein
Segen.
Pax et bonum
Dr. Oliver Schütz
Bereichsleiter Programm
Antwort auf die Antwort
Sehr geehrter Herr Dr. Schütz.
Die Freude des auferstandenen Herrn sei in
Ihrem Herzen und erleuchte
Ihr Leben.
Herzlichen Dank für die ausführliche
Antwort.
Um gleich zum Kern der Sache zu kommen, so
sagen Sie im Grunde, dass
meine provokative Beispiels-Frage, ob eine
Prostituierte bei der
Vorbreitung auf die Ehe mithelfen mag, mit
"Ja" zu beantworten ist.
Sie wäre auf ihre Art ein Segen. Ihre
Mitwirkung wäre doch eine
Garantie für plurale Meinung und die Kritik
ihrer blossen
Anwesenheit garantiert die Offenheit der
Suche nach festen
Positionen, da ja vieles im Fluss ist. Ja?
Auferstehung Christi und
eheliche Treue sowie Gehorsam dem Lehramte
gegenüber im Fluss?
Satanische Sekten, Alternative
Gemeinschaften, Erdmutteranbeter,
Transzendentalmeditation, Tagdanach-Pille,
NewAge Kulte, usw., im
Fluss? Ich weiss, ich weiss, ich
übertreibe. Aber da ist doch
etwas
Wahres dran!
Wenn "plurale Meinung" und "Kritik" in der
Kirche möglich sein
sollten, dann meinen Sie bestimmt doch nur
Dinge, die von der Kirche
nicht schon klar beantwortet sind. Oder
sind die "festen Positionen"
in Wirklichkeit "kritisch alternativ"? Wie
Sie sehen, ich fälle
keine moralischen Urteile. Das kann nur
Gott. Mir geht es um
die "reine Lehre". Diesbezüglich geben
besonders bekannte Personen
durch ihre Präsenz eine Signalwirkung, die
eine Le(h)re beinhaltet.
Sie schreiben, dass die Veranstaltung mit
den Herren Drewermann und
Gaillot eine Veranstaltung der
Leserinitiative der Zeitschrift Publik-
Forum war. War unter den Veranstaltungen
auch ein Forum, das die
Praktik Homosexualität und deren
Lebensgemeinschaften verteidigte?
Waren vielleicht auch die "
Donau-Bischöfinen" dank einer
diesbezüglichen Initiative zugegen und
konnten ihre Schau
abziehen?
Pluralismus mit Signalwirkung. Wir sind
offen! Na, na.
Sie schreiben man sollte Gnade walten
lassen. Wie sagte schon der
heilige Augustin: "Suaviter in modo
fortiter in re - konziliant in
der Art und Weise aber hart in der Sache".
Und das Beispiel vom Unkraut bezieht sich,
so die allgemeine Kirchen-
Väterinterpretation, auf Sünder, nicht auf
Häretiker und
schon garnnicht auf solche die erklärten Irrtum
verbreiten. Natürlich
muss man
Gnade walten lassen, auch mit solchen, die
eine Seuche verbreiten.
Aber auch die hochzivilisierte Gesellschaft
isoliert sie in der
Quarantäne bis sie geheilt sind und keine
Gefahr mehr für die
anderen
bedeuten.
Keinem würde es einfallen da für
Pluralismus zu plädieren.
Die Spanier sind gegen Mord und Attentate
aber bringen an einem Tag
durch Abtreibung mehr unschuldiges Leben um als das besagte
Attentat.
Wie sie sehen, meine
Verständnisschwierigkeiten sind noch nicht
berseitigt.
Ich freue mich für die deutschen
Katholiken, dass der
Katholikentag "ein großes, tiefgründiges
geistliches Ereignis
war".
Ich freue mich, dass Ihre Kinder auch
dasselbe Erlebnis hatten. Sie
haben wahrscheinlich die "gläubigen"
Veranstaltungen besucht. Sie
glauben weiter an die Auferstehung, gehen
regelmässig zur Beichte
und gehorchen dem Lehramt? Uns Deutschen
ist der Gehorsam schon immer
schwergefallen.
Es freut mich, dass Kardinal Lehmann die
Lehre der Kirche Herrn
Küng und den Anwesenden klar und
unmissverständlich dargestellt
hat. Nur habe ich keine Information
bezüglich des Gespräches
ausser
einiger sehr dürftiger Zusammenfassungen.
Darum wahrscheinlich ist
meine Frage: "Waren sie auch traurig ûber
den Papst oder über
die
fehlende Demokratisierung der Kirche, über
die guten Priester,
über
den Widerstand gegen Homo-Ehen?" nicht am
Platz. Vielleicht renne ich
gegen Windmühlen und mir fehlt nur die
nötige Information.
Eine andere Frage nach den Folgen des
Programs ersteht aus dem
Eindruck, den ich aus den Pressestimmen
erhalte. Wie kann man denn
erreichen, dass die Presse auch die Stimme
des Kardinals und der
Kirche dokumentiert. Es ist ein alter
Zeitungstrick, die Opposition
hochzuspielen. Das verkauft sich besser.
Herr Küng wurde in der
allgemeinen Presse hochgespielt. Die
Zeitungsnachrichten, die mir zur
Verfügung standen brachten kaum eine klare
kirchliche
Argumentation, während sie besagtem Herren
und seinen
antikirchlichen globalethischen Ergüssen
grossen unkritischen Raum
einräumte.
Ist das unvermeidbar? Muss man ihm noch
mehr Resonanzboden
verschaffen?
Viele, viele Auswahlkatholiken ernähren
doch ihr Glaubenswissen
nur aus Presse und TV. Was ist wichtiger in
der Öffentlichkeit? Ein
Bild der Offenheit für Kritik und plurale
Meinungen (auch wenn sie
häretisch sind) oder das Bild eines
dezidiert klaren Glaubens und
nicht eines difusen geschmacksangepassten
Supermarktangebots, ein
bisschen für jederman, sodass keiner
aneckt?
Es kommt mir ein Gedanke. Warum lädt man
nicht auch
Persönlichkeiten
ein, die der Kirche treu sind und doch
Kristallisierungspunkte der
Debatte sind. Sie kennen sie bestimmt
besser als ich. Vielleicht bin
ich nur nicht genügend informiert. Gab es
Veranstaltungen in
denen, zum Beispiel, ein Chinabischof, der
30 Jahre gefangen war,
verfolgte Gläubige aus islamischen Ländern,
Vertreter der neuen
Bewegungen, die frische und widersprochene
Luft ins Kirchemilieu
bringen, wie die Focolarini, Opus Dei,
Comunión y Liberación
(ich
weiss nichtwie ihr Name auf deutsch
heisst), Neukatechumenat, usw.
usw. zu Wort kommen?
Vielleicht bin ich wieder bei dem vorhin
kommentierten Problem
gelandet und es handelt sich nur um
fehlende Information. Ich
kämpfe gegen Windmühlen. Aber falls diese
Zeugen Gelegenheit
hatten
ihr Wort zu sagen, warum erscheint davon
nichts in der algemeinen
Presse? Weil keiner von ihnen gegen die
Kirche anrrennt? Ist nur das
Anti- oder Unkirchliche atraktiv?
Noch eins, um in dieselbe Kerbe zu hauen:
War der Dialog mit Herrn
Küng das herausragendste Ereignis, oder
wurde es nur als solches
kommentiert? Ich erinnere mich, dass bei
einer früheren
Veranstaltung der Dalai Lama in den
Mittelpunkt gerückt wurde. Das
bleibt dann im Gedächntis. Vielleicht ist
das wieder auch nur ein
Eindruck den man aus der Presse erhält.
Ich
werde jedenfalls den Herrn bitten, dass er Sie alle erleuchten
möge. Vielleicht schenkt er Ihnen Zeichen
und Personen und
Zeugnisse,
damit durch deren Präsenz die Gegenwart
Gottes, die Liebe Christi,
die Heiligkeit der Kirche und ihre
Heilsmission auch in
der "neutralen¿?" Presse ein
Mittelpunkt-Echo erhalten.
Wie Sie sehen, es geht mir auch um die
Akzentwahrnehmung nach
draussen. Cäsars Frau muss nicht nur treu
sein, sie muss auch ein
Beispiel der Treue geben. Sonst gibt sie
allen Schwankenden ein
Alibi, mag sie noch so treu sein. Ich kann
einfach nicht glauben -
und das ist zugegebenermassen mein
vielleicht ungleichgewichtiger
Eindruck aus der Ferne - dass das ohne
besagte zweifelhafte Azente
nicht möglich wäre und dass Fernstehende
nicht kommen
würden. Wenn man die Kirchen und
Missionsgeschichte betrachtet,
dann
sind es Zeugen, nicht Ankläger, die die
Zweifelnden anziehen und
über-zeugen. Gläubige Strahlkraft ist nicht
so publikumswirksam
aber
sie vollbringt Wunder.
Der Glaube ist hier in Lateinamerika so
tief verwurzelt, weil die
ersten Missionare zum Martyrium bereit
waren. Sie verteidigten die
Indios gegen die zivile Gewalt und
erreichten, dass von einem
bestimmten Zeitpunkt an keine
Eroberungszüge mehr durchgeführt
wurden. Sie hätten die Indios gerne in
abegschlossenen Dörfern
gehabt, damit sie nicht durch das schlechte
Beispiel der Spanier
verdorben würden.
Darf ich einen ein bisschen boshaften
Vergleich wagen. Der
Katholikentag ist wie eine Einladung zum
Essen. Es gibt gute,
däftige, gesunde Kost und alle Gesunden und
die es werden wollen
kommen auf ihre Kosten. Man hat die
Appetitlosen mit einem gewagten
(und ungesunden) Leckerbissen angereizt.
Glauben Sie dass sie
wiederkommen werden, wenn däftige und
gesunde werktägliche
Hausmannskost angeboten wird. Ich meine man
hat nur ihre
Gschmacksnerven gekitzelt und die Häppchen
waren doch ungesund
gemischt mit gesunder Kost. Aber es bleibt
doch eine Gefahr. Die
gesunde Kost gewohnt sind, vielleicht
verlieren sie den Appetit und
kommen auf einen anderen Geschmack.
Es ist und bleibt eine Atmosphäre von
Zweideutigkeit wie damals
bei der
"Schwangerschafts-Abtreibungsberatung". Viel guter Wille aber
eben Zweideutigkeit. Ist er 's oder ist er
's nicht.
Falls meine Antwort in einigen Passagen
hart klingt, so verstehen Sie
das, bitte, als Ausdruck meiner Sorge um
meine Heimatkirche, die mir
den Glauben vermittelt hat und die mich
auch in meiner Berufung
bestärkt wurde. Noch einmal. Ich habe kein
Recht über Absichten
und innere Haltungen zu urteilen. Ich würde
demselben Gericht
verfallen.
Ich bin überzeugt, Sie alle wollen und
wollten das Beste. Darf ich
Ihnen ein anderes biblisches Bild anbieten?
An ihren Früchten
sollt
Ihr sie erkennen! Die an den gläubigen
Veranstaltungen
teilgenommen
habe, empfingen bestimmt nur gute,
heilsame, gläubige Früchte.
Und
die von den anderen assen?
Sodann: Aus der Ferne gesehen sind die
exportierten und
zentralakzentuierten Globalfrüchte garnicht
gut.
Die Lösung?
Da braucht man nur die schlechten Bäume
nicht um Früchte
anzugehen (und schon garnicht versuchen sie
im Kirchgarten
anzupflanzen, da sie ja freiwillig anderen
Boden gewählt haben).
Gott segne Sie und Ihre Familie.
Das wünscht Ihnen und dafür betet
Gerhard Müller msc
PS. Tertullian ist einer Meinung mit dem
Kardinal. Die Irrlehrer
sind ein Segen, weil sie Anlass sind die
wahre Lehre neu zu
bekräftigen. Ich hoffe er sprach suaviter
in modo fortiter in re"
zum
Besten aller. Hat er Hernn Küng gebeten,
dem Papst zu gehorchen?
Sie
kennen doch den alten Witz, den Paul VI
selbst erzählt haben soll:
Es
ist Papstwahl und man bietet Küng die
Papstwürde an. Er nahm
nicht
an, weil er dann auf seine Unfehlberkeit
verzichten müsse!
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